Deutschlands Abhängigkeit vom Weltmarkt. Aus einer Ansprache von Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard bei der Eröffnung der Internationalen Frankfurter Messe am 11. März 1951
Wir haben ... nicht nur den Krieg verloren mit all seinen Konsequenzen, die sich aus dem Zusammenbruch ergaben, sondern es hat sich auch die ökonomische und damit die soziale und politische Struktur unseres Landes vollkommen gewandelt. Wir haben nicht nur die Hälfte unserer Agrargebiete verloren, sondern in diese an sich schon industriell überfüllten Gebiete des Westens, über die eine Welle der Zerstörung hinwegraste, sind ungefähr noch zehn Millionen Menschen neu eingeströmt, die nur im gewerblichen Sektor Beschäftigung, Arbeit und Brot finden konnten ...
Wir befanden uns und befinden uns in der sklavischen - wenn Sie wollen: tödlichen - Abhängigkeit vom Weltmarkt, denn sowohl die Sicherung unserer Ernährung als auch die Gewährleistung einer ausreichenden Rohstoffgrundlage für 50 Millionen Menschen (zehn Millionen mehr als vor dem Kriege) konnte nur gelingen, wenn es uns möglich war, deutschen Waren und Leistungen den Weg in die übrige Welt zu öffnen ...
Isolierung und Protektionismus waren das Kennzeichen der europäischen Handelspolitik durch viele Jahre - ich möchte meinen, zehn Jahre waren es ganz bestimmt. Und gerade, weil wir erkannten, daß der deutschen Wirtschaft hier eine Chance winkte und daß wir keine Aussicht hatten die drängenden sozialen Probleme zu lösen, wenn nicht das Problem des größeren europäischen Marktes erfolgreich in Angriff genommen wurde mußten wir handeln…
In den vergangenen fünf Jahren haben wir immerhin schon sehr viel erreicht. Und doch besteht in gewisser Hinsicht immer noch eine Primitivität der Austauschbeziehungen, die mehr an die Postkutschenzeit als an das Atomzeitalter erinnert. Die Technik ist weit vorangeschritten. Aus der Sorge, aus der Angst vor der Technik wird dem Fortschritt oft noch Widerstand geleistet. Und wenn dieser Widerstand mit nationalem Egoismus gepaart Ist, dann können die Dinge natürlich nicht gedeihen. Darum möchte ich ... hier vor Ihnen eindeutig bekennen:
...Die Effizienz der menschlichen Arbeit, die Steigerung der Leistung aller. Menschen in der Welt erfährt eine fruchtbare Bereicherung dadurch, daß in einer sehr weit gezogenen internationalen Arbeitsteilung, durch Zusammenfügung des Reichtums aller Nationen in einem möglichst freien Austausch der Güter ein Maximum an Ertrag erreicht wird.
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