Dokument 13: DIE VIER SÖHNE LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN WILHELM, LUDWIG, PHILIPP UND GEORG VON HESSEN TEILEN DIE LANDGRAFSCHAFT
Libell mit den anhängenden Siegeln der vier Landgrafen von Hessen und der Landstände. Urkunden, Verträge der Landgrafen untereinander, 1568 Mai 28, Ziegenhain.
Lit.: K. E. Demandt, Die hessische Erbfolge in den Testamenten Landgraf Philipps des Großmütigen und der Kampf seiner Nebenfrau um ihr Recht (in: Hess. Jahrbuch für Landesgeschichte 17, 1967), S. 138-190.
ERBEINIGUNG ZWISCHEN DEN VIER SÖHNEN LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN VON HESSEN WILHELM, LUDWIG, PHILIPP UND GEORG | |
Druck: G. Hollenberg (Hrsg.), Hessische Landtagsabschiede 1526-1603, Marburg 1994 (VHKH 48,5), Nr. 42 e. |
In den Testamenten von 1536, 1539, 1542, 1545, 1547 und 1557 hatte Landgraf Philipp die Landgrafschaft ungeteilt seinem ältesten Sohn übergeben wollen. Nachdem aber Margarethe von der Saale, seine 1539 geheiratete Nebenfrau, im Jahre 1560 eine Versorgung ihrer Söhne mit abgetrennten Gebietsteilen erreicht hatte, konnte der Landgraf die legitimen jüngeren Söhne nicht schlechter stellen. So bestimmte er in seinem letzten Testament von 1562, daß die vier Söhne, wenn sie nicht gemeinsam regieren wollten, die Landgrafschaft in einer genau spezifizierten Weise unter sich aufteilen sollten.
Nach dem Tode des Landgrafen (31. März 1567) wählten die Söhne, die noch gemeinsam die Landeshuldigung entgegennahmen, die vorgezeichnete Teilungsoption. Ein förmlicher Vertrag über die Landesteilung existiert nicht. Rechtsgrundlage der Teilung war das Testament selbst. In mehreren Verträgen regelten die Brüder aber zahlreiche Einzelfragen, die bei der Ausführung der Teilung auftauchten, zunächst vor allem die Teilung der Schulden, der Landessteuern, der Wertsachen in den Schlössern, der Geschütze und der Urkunden. Die vorliegende „Erbeinigung“ von 1568 hatte dagegen – so die Präambel – nicht eine Teilung, sondern die Erhaltung der Einigkeit zum Ziele.
Der Vertrag enthält 8 Artikel. Diese betreffen (1.) den evangelischen Konfessionsstand und die gesamthessischen Synoden, (2.) die Erhaltung der Stiftungen Landgraf Philipps: Universität, Stipendiatenanstalt, Hospitäler, Armenfonds ( „Kasten „) und Siechenhäuser, (3.) die Amtshilfe bei Strafverfolgungen und die gesamthessischen Gerichte, (4.) den Ausschluß weiblicher Erbfolge, den Samtlehnsempfang, die Versorgung der bei Aussterben einer Linie hinterlassenen Töchter und Witwen und die Erhebung der Fräuleinsteuer, (5.) das Verbot der Veräußerung und Verpfändung von Land und Leuten ohne Zustimmung der Agnaten, (6.) die anteilige Beteiligung an Prozessen vor Reichsgerichten und an Reichssteuern, (7.) die gemeinsame Verwaltung des Guldenweinzolls sowie (8.) die Friedens- und Beistandspflicht und die Bildung eines Schiedsgerichts.
Die Erbeinigung wurde den Landständen nicht förmlich zur Billigung vorgelegt. Aber „zu mehrer Sicherheit ewiger Bekantnus und stetiger Bevestigung“ wurde sie von den oben genannten 2 Lehnsfürsten und 25 ausgewählten Landständen mitbesiegelt. Gleichwohl hatte die angestrebte erbliche Einigkeit über die Lebenszeit der Landgrafenbrüder hinaus keinen Bestand, und nur wenige der gemeinsamen Einrichtungen überdauerten den Marburger Erbfolgestreit von 1604-1648.
G.H.
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