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Übersetzung:
Hochwürdigster [1] und erlauchtester Kardinal und Legat der Heiligen Römischen Kirche usw., allergnädigster Herr!
Eurer hochwürdigsten Eminenz [2] wir, die hier in Deutschland ein ärmliches Leben zubringenden Juden, mit demütiger Klage dar, auf welche Art und Weise uns von etlichen unseren Verfolgern, namentlich von Martin Luther und seinen Anhängern, größtes Unrecht und Unterdrückung drohen und sie auf diesem Reichstag, den sie zahlreich besuchen, versuchen, sogar andere zum selben [= Luther] hinüberzuziehen und zu ihrer Meinung zu verleiten; daß uns eine von alters her zulässige Weise der Lebensführung untersagt wird, und neue Canones und Bräuche gemäß dem vorgefaßten Urteil der Gnadenbriefe und Bullen, die uns von den römischen Päpsten und Kaisern verliehen worden sind, verordnet und errichtet werden, welche in sehr vielen Absätzen und Abschnitten für uns überhaupt unerträglich sind usw.
Weil wir daher, hochwürdigster und allergnädigster Herr, mit uns vom Heiligen Stuhl gewährten Gunstbezeigungen, Gnadenbriefen und Zugeständnissen versorgt sind, wie Eure hochwürdigste Eminenz aus diesen Umständen [3] wird leicht ersehen können, bitten wir Eure hochwürdigste Eminenz sehr eifrig darum, daß Ihr Euch dazu entschließen möget, uns Armseligen kraft Eurer Milde und Eures Einflusses dort zu helfen, wo die römische kaiserliche und die königliche Majestät nicht davon ablassen, daß wir entgegen deren und der päpstlichen Heiligkeit Bullen, Gnadenbriefe und Siegel unterdrückt werden, und es gestatten, daß gegen eine seit alters her unverbrüchlich befolgte Gewohnheit irgendeine Neuerung geschaffen oder beschlossen wird außer einer, die durch Verordnung eines allgemeinen Konzils gebilligt worden ist, wobei wir hoffen, daß die päpstliche Heiligkeit [sowie] die kaiserliche und die königliche Majestät, unsere allergnädigsten Herren, die alten und verschiedenen uns von den Päpsten und römischen Kaisern zugestandenen Bullen und Gnadenbriefe verteidigen und bewahren werden.
Daher flehen wir um der Liebe des allmächtigen Gottes willen, Eure hochwürdigste Eminenz möge willens sein, uns in dieser [Sache] Eure Hilfe und Gunst zu gewähren, damit wir nicht von dem vorgenannten Luther oder anderen seiner Anhänger nach deren gegen uns feindlich gesinnten Willen entgegen ältester und bis zum heutigen Tage löblicherweise fortgeführten Gewohnheiten unterdrückt werden, und wir bitten darüber hinaus demütig darum, daß Eure hochwürdigste Eminenz unserer Bittschrift huldvoll zustimmen und darauf eine beifällige Antwort geben wolle. Und wir werden stets bereit sein, uns dessen mit jeglichem Dienst und Eifer würdig zu erweisen.
Eurer hochwürdigsten Eminenz
gehorsamste Diener
die in Deutschland lebenden Juden
An Alessandro Farnese, Kardinal[priester] von San Lorenzo in Damaso, Vizekanzler der Heiligen Römischen Kirche
Vorgelegt beim Reichstag zu Worms im Jahre usw. [15]45
[1] Reverendissimus, -a, -um wird in den gängigen Lexika mit hochehrwürdig übersetzt; die Anrede für katholische Geistliche mit Bischofsrang bzw. –weihe ist heutzutage hochwürdigst(er).
[2] Celsitudo, -inis heißt eigentlich Hoheit; die Anrede für Kardinäle ist jedoch seit alters her Eminenz.
[3] Adiunctum, -i wird in den gängigen Lexika mit charakteristisches Zeichen, Eigenheit, (Neben-) Umstand wiedergegeben; da das zugrundeliegende Verb adiungere, adiungo, adiunxi, adiunctum aber auch anfügen, anschließen, beigeben, beifügen bedeuten kann, ist an dieser Stelle mit adiunctum möglicherweise eine Anlage / Beilage zu dem obigen Schreiben gemeint, z.B. Abschriften von päpstlichen und kaiserlichen Gnadenbriefen.
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