Vertreibung der Juden aus Portugal. Bericht eines spanischen Geschichtsschreibers aus dem Jahre 1504
... Der Hauptteil (der Vertriebenen) von Kastilien ging nach Portugal, da sie das Meer nicht erreichen konnten. Um sich zu sichern, gaben sie den Zehnten von all ihrem Vermögen, dazu 11/3 Dukaten auf jeden Kopf für die Erlaubnis, durch die Landschaft zu ziehen. Dazu gaben sie 1/4 alles Geldes, das sie in das Land brachten, einige sogar fast 1/3, und selbst wer kein Geld hatte, gab ein Lösegeld von acht Dukaten, denn sonst wäre er zum Gefangenen gemacht worden ... Mehr als 120 000 Seelen zogen in das Land, und nur wenige von ihnen überlebten die Pest. Von diesen wurde ein Teil gefangengenommen; denn man entriss ihnen die Kinder und brachte sie nach Inseln im Meere. Andere traten zum Christentum über wegen der übergroßen Not. So fiel die Krone (Israels) zu Boden. Der zweite König, der zur Regierung kam, war ein Bedränger der Juden. Am 24. Dezember (1496), am Samstag, den 29. Kislew, am Chanukka, verhängte er in Presmona bei Santarem die Vertreibung aus Portugal innerhalb elf Monaten, um während dieser Zeit an jedem Tage Neues zu ersinnen. Es war in jenem Jahre eine schlimmere Verfolgung als je vorher. Am Freitag vor dem großen Sabbate (dem Sabbat vor dem Pesach 1497) wurde befohlen, die Knaben und Mädchen in Evora und ganz Portugal zu taufen. Da war ein bis dahin noch nie gehörtes, gewaltiges Anflehen des Königs in Elvora. Am Pesach nahmen sie alle männlichen und weiblichen Kinder fort, und der Befehl wurde (so-gar) überschritten; denn sie tauften selbst Greise gegen deren Willen. Viele starben, um den göttlichen Namen zu heiligen, indem sie sich selbst töteten.
In demselben Jahre war auch eine Vertreibung aus dem ganzen Königreich Navarra, so dass in ganz Spanien kein Jude übrigblieb mit Ausnahme von fünfzig Personen, die nach Sevilla geflohen waren und dort zwei Jahre gefangen gehalten wurden bis zum Monat Ab 259 (1499). Dann führte man sie hinaus, verkaufte sie, und sie kamen nach Algier in Afrika zwischen Oran und Bugia, das zum Reiche Bugia gehört und am Meeresufer liegt. Dort ist bis jetzt R. Simeon Duran und seine Familie, und dort löste man sie um 700 Dukaten aus; obschon die Gemeinde an Zahl klein war, leistete sie doch Großes. Gott, der Gepriesene und Erhabene, gebe ihnen in diesem, wie im ewigen Leben guten Lohn! Ebenso half dazu die heilige Gemeinde Bugia; Gott schütze sie. So blieb in ganz Spanien kein Jude zurück. Gott sammle unsere Vertriebenen und erbaue sein Heiligtum bald in unseren Tagen! Amen! So sei sein Wille!
Abraham ben Samuel Zacuto, spanischer Astronom, Mathematiker und Geschichtsschreiber, geb. 1450 in Salamanca, vertrieben 1492, gest. nach 1510 in der Türkei. Aus „Sefer Juchasin” [„Geschlechtsregister"], 1504, Abschn. V.) Julius Höxter, Quellenlesebuch zur jüdischen Geschichte und Literatur. III. Teil, Frankfurt a.M. 1927, S. 128-129
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