Beginn der Judenvertreibung aus Frankreich durch König Philipp IV. im Jahre 1306
Im Jahre 5066, d. i. im Jahre 1306, befahl Philipp IV., König von Frankreich, der Sohn Philipps III., Enkel Ludwigs IX., Urenkel Ludwigs VIII. und Ururenkel von Philipp August, in allen Städten seines Reiches auszurufen, dass jeder Jude aus seinem Lande ziehen solle, ohne das geringste von seiner Habe mitnehmen zu dürfen, er müsste sich denn zu einem andern Glauben bekennen und mit uns ein Volk werden.
Als dies die Juden hörten, erschraken sie sehr; aber sie achteten ihren Besitz und ihr Vermögen nicht und zogen, nichts als ihr Leben rettend, im Monate Ab aus Frankreich. Es blieben in Frankreich nur sehr wenige zurück, deren Herz nicht von ihrem Gotte durchdrungen war, wie es diejenigen getan hatten, welche in Toulouse wohnten. Von hier war nur eine geringe Anzahl weggezogen, die sich Gott vor Augen genommen hatte und dem Herrn treu gefolgt war. So blieben unter den Christen zahlreiche von jüdischer Abkunft, und daher gibt es jetzt unter ihnen viele, welche sich zu andern Glaubenssätzen bekennen. Nach Verlauf von noch nicht neun Jahren begab sich Philipp auf die Jagd, eilte auf dem Felsen einem Hirsche nach und stürzte samt seinem Rosse von der Spitze des Hügels aus ins Meer, so dass er umkam.
Hierauf regierte an seiner Stelle sein Sohn Ludwig (X.). Dieser lud die Juden ein, wieder zu ihm zurückzukehren, worauf sie sieben Jahre dort verweilten. Alsdann verjagte er sie wiederum, weil er dem Willen seines Volkes, welches schlecht und nichtswürdig war, nachgeben musste. Indes durften sie damals wenigstens mit ihrem Besitze und ihrem Vermögen abziehen. Nach Ludwigs Tode kam sein Sohn Johann zur Regierung; da dieser aber noch ein Kind war und schon nach zwanzig Tagen starb, regierte Karl (IV.) an seiner Stelle. Man ließ die Juden wiederum nach Frankreich kommen, und sie wohnten da-selbst unangefochten, solange sie lebten. Nach ihrem Tode aber, als Karl von Valois zur Regierung gekommen, erhoben sich viele gegen die Juden, erschlugen eine große Anzahl von ihnen mit dem Schwerte, eigneten sich ihre Habe an und verjagten die übrigen, gegen den Willen des Königs, aus ihrem Lande, worauf die Juden bis auf den heutigen Tag nicht mehr nach Frankreich zurückkehrten.
Aus „Emek habacha” von Joseph Hakohen, vgl. Teil IV. C. Julius Höxter, Quellenlesebuch zur jüdischen Geschichte und Literatur. III. Teil, Frankfurt a.M. 1927, S. 109-110
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