Blutige Verfolgung der der Hostienschändung und Brunnenvergiftung beschuldigten Juden in Frankfurt (Rindfleisch) und Straßburg, 1298-1349
1) Eine Judenverfolgung (unter Rindfleisch 1298).
Da man zählte 1298 Jahr, da hob eine Verfolgung der Juden an, die währte von Sankt Jakobs Tag bis Sankt Matthäus Tag. Das tat ein Edelmann aus Franken, der war genannt Rindfleisch. Der hatte viel Volks versammelt und tötete wohl hunderttausend Juden, die zu Würzburg und zu Nürnberg waren und in anderen Städten. Das geschah nur darum, dass sie also sehr übel getan hatten an unseres Herrn Leib, darum Gott die Plage über sie verhängte. Man hatte sie auch in ganz Deutschland verfolgt, aber König Albrecht tat Einhalt, als er von Aachen her auf der Rückreise (begriffen) war.
2) Eine weitere Judenverfolgung (1337 „Armleder"bewegung).
Da man zählte 1337 Jahr, da war ein Edelmann zu Dorlisheim, der hieß der Unbehaun und einer zu Andlau, hieß Zimberlin. Die sammelten viel Volks, mit denen belagerten sie Colmar und forderten die Herausgabe der Juden, um sie zu verderben. Da kamen die von Straßburg überein, gegen sie zu ziehen. Da sie des gewahr wurden, flohen sie von dannen und ward nichts mehr daraus. Die Hauptleute nannten sich König Armleder. Dies geschah im Maien.
3) Eine weitere Judenverfolgung (Schwarzer Tod und Brunnenvergiftung 1349).
Da man zählte 1349 Jahr, da wurden die Juden zu Straßburg verbrannt in ihrem Kirchhof auf einem hölzernen Gerüste an Sankt Veltens Tage, der fiel dieses Jahr auf einen Samstag. Sie wurden auch desselben Jahres verbrannt in allen Städten an dem Rheine, gleichviel ob es freie Städte oder Reichsstädte oder anderer Herren Städte waren. Das geschah darum: man zieh sie, sie hätten Brunnen und andere Wasser verunreinigt mit Gift. In etlichen Städten verbrannte man sie nach (ordentlichem) Urteil, in etlichen steckten sie selbst mit Feuer die Häuser an, da sie innen waren, und verbrannten sich selbsten. Da kam man zu Straßburg überein, dass in hundert Jahren kein Jude da wohnen sollte.
4) Der Aufruhr zu Straßburg und die Judenverfolgung.1349.
Da man zählte 1349 Jahr, an Sankt Apollonien Tag, der auf einen Montag fiel, und folgende drei Männer Bürgermeister zu Straßburg waren: Herr Gosse Sturm und Herr Kunz von Winterthur und Herr Peter Swarber der Ammannmeister, da wurden sie alle drei vertrieben. Und das kam also.
Die Stadt hatte Geld aufgenommen von den Juden und hatte Rückzahlung auf ein Ziel zugesichert und hatte ihnen dafür ordnungsmäßig gesiegelte Schutzbriefe gegeben. Und es bestand auch folgende gesetzliche Abmachung: wer von ihnen geliehen hatte, musste schwerere Zinsen zahlen, als wenn er es von einem Christen geliehen hätte. Darauf verließen sich die Juden und wurden also hochtragenden Gemütes, dass sie niemandem Nachlass gewähren wollten, und wer mit ihnen zu tun hatte, der konnte kaum mit ihnen übereinkommen. Darum wurden sie verhasst bei männiglich. Dazu fiel die Beschuldigung auf die Juden, dass sie die Brunnen und die (fließenden) Wasser sollten vergiftet haben. Darob murrte das Volk gemeiniglich und sprachen, man sollte sie verbrennen. Darauf wollte sich der Rat nicht einlassen, man vermöchte ihnen denn zu beweisen, dass es wahr wäre, oder sie gäben es selber zu. Darauf verhaftete man eine Anzahl von ihnen und folterte sie sehr mit Daumschrauben, von denen gestanden drei oder vier andere Sachen, deren sie schuldig waren, darum man sie räderte. Doch gestanden sie nie, dass sie der (Brunnen-) Vergiftung schuldig wären. Da man eine Weile so mit ihnen verfahren war, sperrte man die Judengasse und setzte bewaffnete Leute da zur Hut. Denn man fürchtete, dass wenn man sie überfiele oder ein (allgemeines) Gerichtsverfahren gegen sie eröffnete, dass (die Menge) dann in ihre Häuser einbrechen oder anderen Schaden tun würde. Auch wollte man ihrer desto sicherer sein, gleichviel was man noch über sie beschließen würde. Darum bewachte man sie.
Da sie dergestalt eine Weile bewacht waren und das gemeine Volk sehr über sie ergrimmt war und sie gerne hätte töten sehen, schützten sie dawider die Bürgermeister und der Rat und wollten sie nicht dem Tode preisgeben, sie könnten sie denn mit Recht verurteilen; denn sie wollten nichts wider den Schutzbrief tun, den die Juden hatten von der Stadt. Davon wollte das gemeine Volk nichts wissen und sprachen untereinander heimlich einer zu dem andern, die drei Bürgermeister müssten Geld von den Juden genommen haben, dass sie sie also schützten wider allermänniglichs Willen, und wollten\\\'s nicht dafür halten, dass sie es nur aus Gerechtigkeit täten.
(Es folgt ein bewaffneter Aufstand der Handwerker, aber ohne Blutvergießen. Die Bürgermeister und der Ammann wer-den abgesetzt und der Stadt verwiesen; ausdrücklich wird betont, dass man ihnen Bestechung durch die Juden nicht habe nachweisen können. Die Verfassung wird im Sinne der Handwerker geändert.)
... Am Freitag fing man die Juden, am Samstag verbrannte man die Juden, deren waren schätzungsweise wohl gegen zweitausend. Die sich aber wollten lassen taufen, die ließ man leben. Es wurden auch gegen ihrer Mütter und ihrer Väter Willen viel junger Kinder aus dem Feuer genommen, die getauft wurden. Was man den Juden schuldig war, das war alles wett, und wurden alle Schuldpfänder und Schuldbriefe, die sie hatten, zurückgegeben. Das bare Geld, das sie hatten, das nahm der Rat und teilte es unter die Handwerke (Zünfte) nach Markzahl. Das war auch das Gift, das die Juden tötete.
Aus Friedrich Closener [seit 1349 Inhaber einer Pfründe beim Straßburger Münster], Straßburger deutsche Chronik, 1362. Julius Höxter, Quellenlesebuch zur jüdischen Geschichte und Literatur. III. Teil, Frankfurt a.M. 1927, S. 27-30
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