Bischof Rüdiger von Speyer gibt den Juden in Speyer ein Privileg, 13. Sept. 1084
Speyer, 13. September 1084.
... Ich, Rüdiger, auch Huozmann genannt, Bischof von Speyer. Als ich den Weiler Speyer in eine Stadt verwandelte, glaubte ich die Ehre unseres Ortes noch zu vergrößern, wenn ich die Juden vereinigte. Ich brachte sie darauf außerhalb der Gemeinschaft und des Zusammenwohnens mit den übrigen Bürgern, und damit sie durch den Übermut des Pöbels nicht beunruhigt würden, umgab ich sie mit einer Mauer. Ihren Wohnplatz habe ich auf gerechte Weise angeschafft, den Hügel nämlich zuerst teils durch Geld, teils durch Tausch, das Tal erhielt ich von (einigen) Erben als Geschenk. Jenen Ort, sage ich, übergab ich ihnen unter der Bedingung, dass sie jährlich drei und ein halbes Pfund Speyerschen Geldes zum gemeinsamen Verbrauch der Klosterbrüder zahlen.
Innerhalb ihres Wohnplatzes und außerhalb bis zum Schiffshafen und in dem Schiffshafen selbst gab ich ihnen das Recht, Gold und Silber frei zu wechseln und alles Beliebige zu kaufen und zu verkaufen, und eben dieselbe Freiheit gab ich ihnen durch die ganze Stadt. Außerdem gab ich ihnen vom Besitztum der Kirche einen Begräbnisplatz mit erblichem Rechte. Auch gestattete ich, dass ein fremder Jude, der sich bei ihnen vorübergehend aufhalten wird, keinen Zoll zu zahlen habe; sodann dass, wie der Stadtvogt unter den Bürgern, ihr Erzsynagog (Archisynagogus = Synagogenvorsteher) Klagen, die zwischen oder gegen Juden erhoben werden, zu entscheiden habe.
Ist dieser aber den Streit beizulegen nicht imstande, so soll die Sache vor den Bischof oder seinen Kämmerer gebracht werden. Nächtliche Wachen, Verteidigungen, Befestigungen haben sie bloß innerhalb ihres Gebietes zu verrichten, die Verteidigungen aber gemeinsam mit den Sklaven; Ammen und Knechte auf Miete können sie von den Unsrigen haben, geschlachtetes Vieh können sie, wenn es ihnen nach ihrem Gesetze zu essen nicht erlaubt ist, an Christen verkaufen, und den Christen ist es zu kaufen erlaubt.
Endlich als Gipfel meines Wohlwollens habe ich ihnen Gesetze verliehen, die besser sind, als sie das jüdische Volk in irgendeiner Stadt des deutschen Reiches besitzt. Damit diese Vergünstigung und Verleihung keiner meiner Nachfolger verringern oder sie zu größerer Abgabe zwingen möchte, als ob sie diesen Zustand sich widerrechtlich zugeeignet und nicht von einem Bischof empfangen hätten, habe ich diese Urkunde über obige Vergünstigung ihnen als sicheres Zeugnis hinterlassen. Und damit das Andenken dieser Sache durch die zeitlichen Jahrhunderte bleibe, habe ich sie durch eigene Handesunterschrift bestätigt und durch die Druntersetzung meines Siegels, wie unten zu sehen ist, bezeichnen lassen .. .
Julius Höxter, Quellenlesebuch zur jüdischen Geschichte und Literatur. III. Teil, Frankfurt a.M. 1927, S. 8-9
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