Ludwig der Fromme (814—840) nimmt zwei Juden in seinen Schutz, vor 840
Ältester Schutzbrief.
Allen Bischöfen, Äbten, Grafen, Vorstehern, Stellvertretern, Zentgrafen, Zolleihebern, sowie auch unseren Sendboten und allen unseren Getreuen, gegenwärtigen und künftigen, sei bekanntgegeben, dass wir die Hebräer, nämlich den Rabbi Dornatus und Samuel, seinen Neffen, unter unseren Schutz genommen haben. Deshalb ordnen wir durch gegenwärtige unsere Urkunde an und befehlen, dass weder ihr noch eure Untergebenen und Nachfolger sich herausnehmen, besagte Hebräer unter irgend-einem Vorwand zu beunruhigen, noch zu schmähen, noch sie an ihrem Eigentum, das sie zur Zeit rechtmäßig besitzen, zu kränken oder mindern zu irgendeiner Zeit.
Niemand soll Zoll noch Roßgeld noch Herbergsgeld noch Trinkgeld oder Rasengeld, Uferzoll, Torzoll, Brückenzoll, Balkenzoll, Zehrgeld von besagten Hebräern verlangen. Gleicherweise haben wir ihnen erlaubt, mit ihrem Eigentum Handel zu treiben und ihr Eigentum jedem, dem sie wollen, zu verkaufen. Auch soll ihnen getattet sein, nach ihrem Gesetz zu leben und Christen zu ihrer Arbeit zu mieten, ausgenommen an den Fest- und Sonntagen. Sie sollen auch die Erlaubnis haben, ausländische Sklaven zu kaufen und innerhalb unseres Reiches weiter zu verkaufen.
Wenn aber ein Christ einen Rechtsstreit wider sie hat, so soll er drei geeignete Christen und ebenso viele geeignete Hebräer zu Zeugen brauchen und mit ihnen seine Sache verfechten. Und wenn wiederum sie einen Rechtsstreit wider einen Christen haben, so sollen sie, sich christliche Zeugen nehmen und mit ihnen jenen überführen.
Auch haben dieselben Juden unserer Majestät von gewissen Leuten berichtet, die wider die christliche Religion dazu raten, dass die Sklaven der Hebräer, kraft der christlichen Religion, ihre Herren verachten und sich taufen lassen. Viel-mehr überreden sie dieselben, sich taufen zu lassen, um sich von dem Dienst ihrer Herren zu befreien. Dies bestimmen keineswegs die heiligen Kanones, vielmehr entscheiden sie dahin, dass alle, die dies anstreben, strengstens mit dem Bannstrahl zu treffen sind. Und deshalb wollen wir, dass weder ihr selbst besagten Hebräern dies weiterhin tun, noch euren Untergebenen es zu tun erlauben sollt. Haltet fest, dass jeder, der dies versucht, ohne Gefahr seines Lebens und Verlust seines Gutes nicht davonkommen wird, wenn es uns hinterbracht wird.
Und ferner sollt ihr folgendes wissen: weil wir nunmehr die obengenannten Hebräer unter unseren Schutz und unsere Vormundschaft genommen haben, soll jeder, der — solange sie uns dienen — zu ihrem Tode rät oder einen von ihnen tötet, an unsere Pfalz zehn Pfund Goldes zahlen. Schließlich verbieten wir, besagte Juden zu einem peinlichen Verfahren zu ziehen, d. h. weder zur Probe des Feuers noch des heißen Wassers noch auch zur Geißelung, wenn es nicht nach ihrem Rechte erlaubt ist.
Formulae Imperiales e curia Ludovici Pii. Erlaß über die Juden. [Praeceptum Judaeorum.] Julius Höxter, Quellenlesebuch zur jüdischen Geschichte und Literatur. III. Teil, Frankfurt a.M. 1927, S. 4-6
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