Der Vertrag zur deutschen Einheit vom 20. September 1990 - Erläuterungen
Über den Inhalt dieses Vertrages, ist gemessen an der Schwierigkeit der Materie, extrem kurz verhandelt worden. Zwar füllt der Vertrag mit seinen 45 Artikeln, drei Anlagen und einer Protokollnotiz mehr als tausend Schreibmaschinenseiten, aber das sagt wenig über die Regelungsintensität im Einzelfall. ... Mit dem ersten Staatsvertrag war die Währungs-, Wirtschult- und Sozialunion mit der DDR hergestellt worden. Der zweite Staatsvertrag - "Einigungsvertrag" genannt - überträgt das gesamte rechtliche System, einschließlich des Verwaltungsaufbaus der Bundesrepublik, auf die fünf noch zu gründenden Länder der vergehenden DDR, "Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990", so heißt es in Artikel I des Vertrages, "werden die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder der Bundesrepublik Deutschland." ...
Wegen des Beitritts der DDR zum Grundgesetz mußte dieses - teils aus normalen Gründen, teils aber auch wegen der zu erwartenden Übergangsschwierigkeiten - in mehreren Artikeln ergänzt oder geändert werden .. " In der Präambel werden künftig auch die neuen DDR-Länder erwähnt. Der Passus, das deutsche Volk bleibt aufgefordert, die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden, soll ersetzt werden durch den Satz: "Damit gilt das Grundgesetz für das gesamte deutsche Volk." Der Artikel 23 wird gestrichen… Im Artikel 143 ... soll künftig, aber nur übergangsweise. festgelegt werden, daß es im beigetretenen Teil Deutschlands zu Abweichungen vom Grundgesetz kommen kann ....
Auch das Recht der Europäischen Gemeinschaften nebst Änderungen und Ergänzungen wird nun auf dem Gebiet der DDR in Kraft gesetzt. Grundsätzlich geIten völkerrechtliche Verträge und Vereinbarungen, denen die Bundesrepublik angehört, nun auch dort; die Ausnahmen, zu denen etwa die NATO-Mitgliedschaft gehört, finden sich in den Anlagen. Hingegen heißt es zu den Vertragen, die die DDR abgeschlossen hat, es sei mit deren Vertragspartnern zu erörtern, "um ihre Fortgeltung, Anpassung oder ihr Erlöschen zu regeln beziehungsweise festzustellen." …
Mit dem neu eingefügten Artikel 143 des Grundgesetzes wird nicht nur bestimmt, daß Recht in der ehemaligen DDR bis Ende 1995 vom Grundgesetz ... abweichen kann. Der neue Artikel soll vielmehr zugleich sicherstellen, daß in den Jahren 1945 bis 1949 vorgenommene Enteignungen nicht rückgängig gemacht werden. Enteignungen, die nach 1949 stattgefunden haben, sollen grundsätzlich und wo immer es möglich erscheint, rückgängig gemacht werden.
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