Stellungnahme des DGB zur Notstandsgesetzgebung aus Anlaß ihrer bevorstehenden Behandlung im Bundesrat am 14. Juni 1968
Wir haben mit Bedauern festgestellt, daß die Beschlüsse des Bundestages in zweiter und dritter Beratung zur Notstandsgesetzgebung die in unserer letzten Entschließung nochmals zum Ausdruck gebrachten schwerwiegenden Bedenken unberücksichtigt ließen. Wir sind der Auffassung, daß dieses Gesetzeswerk in seiner Gesamtheit die Gefahren in sich trägt, den demokratischen, rechtsstaatliehen und föderativen Gehalt des Grundgesetzes und damit unabänderliche Grundwerte unserer Rechtsordnung abzubauen und zu verfälschen. Das trifft insbesondere auf die Artikel 11 (Freizügigkeit), 12 (Freiheit der Berufswahl) und 12a (Dienstverpllichtungen) zu. Alle Einschränkungen dieser Artikel treffen besonders die Arbeitnehmer und damit den weitaus größten Teil der Bevölkerung. Diese Einschränkungen können auch das Koalitions- und Streikrecht beeinträchtigen, gleichfalls stellen die Artikel 10 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis), 35 (Rechts- und Amtshilfe), 80a Abs. 3 (Bündnisverpflichtungen) und S7a GG (Einsatz der Streitkräfte im Innern) Eingriffe in die Grundrechte dar. Besonders der Artikel 87a erfüllt die Gewerkschaften mit großer Besorgnis, denn es bleibt fraglich, ob nicht in den Fällen des zivilen Objektschutzes ein Einsatz der Streitkräfte gegen Streikende im Spannungs- und Verteidigungsfall möglich wäre. Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes appelliert daher in letzter Stunde und nochmals in aller Eindringlichkeit den Notstandsgesetzen nicht zuzustimmen und die von uns mehrfach zum Ausdruck gebrachten Argumente einer umfassenden Prüfung zu unterziehen....
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