Am 5.8. 1963 unterzeichneten die USA, Großbritannien und die UdSSR in Moskau ein erstes Abkommen über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser. Während viele Staaten dem Atomteststopp-Vertrag sofort beitraten, entschloß sich Bonn erst nach längeren Debatten am 19.8. 1963. Anläßlich der Abschiedskundgebung der CDU für den scheidenden Kanzler in Köln am 12. Oktober 1963 warnte Adenauer den Westen noch einmal eindringlich davor, sich auf das "Gerede von der Entspannung" einzulassen. Auch Bundeskanzler Erhard blieb bei einer zurückhaltenden Linie gegenüber der Sowjetunion.
"Der Weg zu echter Entspannung". Aus einer Ansprache des Bundeskanzlers Erhard vor dem Council on Foreign Relations in New York am 11. Juni 1964
Einige Aspekte der sowjetischen Politik erwecken auch bei uns Hoffnungen. Hoffnung strahlt Stärke und neuen Willen aus. Aber Hoffnung kann auch trügerisch sein. Darum gilt es, in großer Wachsamkeit die Grenze zwischen Hoffnung und Illusion scharf zu ziehen und darauf zu achten, nicht den Kompaß zu verlieren. Wir dürfen bei allem niemals vergessen, daß die Spannungen in der Welt ausschließlich deshalb entstanden sind, weil die Forderungen des Kommunismus immer auf eine ständige Erweiterung seines Machtbereichs und auf die Vergewaltigung des freien Willens der Völker hinausliefen und daher unannehmbar sind. Hier und da wird in diesem Zusammenhang der Ruf laut, auch wir Deutschen sollten unseren Beitrag zur Normalisierung und Entspannung leisten. Dazu sind wir bereit. Aber es wäre unverantwortlich und unzumutbar, von Deutschland die Bereitschaft zur Selbstaufgabe oder den Verzicht auf Selbstbestimmung des geteilten Volkes als Beitrag zur Normalisierung der Verhältnisse zu verlangen. Niemand in der Welt sollte sich eine bessere und friedliche Zukunft daraus erhoffen, daß man einem großen Teil unseres Volkes die Menschenrechte für immer vorenthält. Der Wille zu friedlichen Lösungen verlangt Bereitschaft zu gegenseitigem Entgegenkommen. 'Wir anerkennen das sowjetische Interesse an verläßlichen Garantien gegen eine Wiederholung der Ereignisse von 1941, wir haben das wiederholt ausgesprochen. Hitlers Wortbruch und Angriff hat verständlicherweise einen Schock im russischen Volk ausgelöst, der den Ruf nach Sicherheit trotz der erdrückenden militärischen Übermacht Moskaus wenigstens teilweise erklärt. Auch aus eben diesem Grunde hat die Bundesrepublik immer wieder ihre Bereitschaft zu einer allgemeinen kontrollierten Abrüstung ausdrücklich betont. Sie hat alle ihre Kampftruppen dem NATO-Oberkommando unterstellt. Sie hat in völkerrechtlich bindender Form auf Gewaltanwendung und bereits im Jahre 1954 auf die Produktion von ABC-Waffen verzichtet. Sie strebt für sich allein auch keine Verfügungsgewalt über atomare Waffen an. Sie hat die volle Freizügigkeit nicht nur im Personenverkehr zwischen Ost und West, sondern auch hinsichtlich des Austausches von Erzeugnissen der Presse und der Publizistik vorgeschlagen. Sie bemüht sich um die Verstärkung wirtschaftlicher und kultureller Kontakte trotz nur zu deutlich erkennbarer politischer Erpressungsversuche.
Die sowjetische Reaktion auf dieses unser ehrliches Bemühen bestand immer nur darin, als Voraussetzung für Verhandlungen Konzessionen zu verlangen, die vielfach nicht einmal das Ergebnis von Verhandlungen sein können. Initiativen, die nur einseitige Leistungen vorsehen, haben mit wahrer Entspannung nichts gemein. Es wird uns zuweilen von inoffizieller westlicher Seite geraten, uns mit dem materiellen Inhalt solcher "Entspannungsprojekte" zu befreunden ... Es hat, wie sie wissen, sogar Vorschläge gegeben, die den Sowjets selbst einen Kaufpreis für die Preisgabe dessen anboten, was der Westen rechtens unanfechtbar besitzt. Nehmen wir zum Beispiel das Recht des unbehinderten Zugangs nach Berlin, das dem Westen seit 1945 zusteht. Für seine Bestätigung durch die Sowjetunion entscheidende politische Grundsätze wie der der Nichtanerkennung des brutalen Gewaltregimes in der sowjetisch besetzten Zone aufzugeben, war ein wahrlich befremdender Gedanke. Die Sowjetunion fordert ... nach wie vor die Anerkennung des Gewaltregimes der Sowjetzone und der Teilung des deutschen Volkes ... Unser "Nein" zu den kommunistischen Forderungen hat weder mit nationalistischem Geist, noch mit Mangel an Phantasie etwas zu tun. Es ist das schlichte Bekenntnis, daß man keinem Volk die Erfüllung seiner politischen Aufgabe verwehren kann ohne seine Lebenskraft zu zerstören. . . '
Um jeden Irrtum auszuschließen: wir wollen nicht weniger, sondern mehr Entspannung. Wir wünschen z. B., daß die Sowjets den Grundsatz der "friedlichen Koexistenz" ausdehnen und daß sie auch einer Koexistenz der Ideen zustimmen. Wir wünschen und erwarten vor allem, daß die Entspannungsbemühungen von politischen Randgebieten auf zentrale politische Probleme gelenkt werden. Diese Hauptprobleme, von denen vor allem internationale Krisen ausgehen können, dürfen aus dem Ost-WestGespräch nicht ausgeklammert werden. An ihrer Lösung wird sich erst zeigen, ob der Entspannungswille der Sowjets echt ist oder nur ein taktisches Manöver bedeutet.
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.