Frau Susanne Potel
Besuch bei Susane Potel, der letzten noch lebenden Tochter des Generals der Nachrichtentruppe Erich Fellgiebel
Durch einen Bericht im Internet hatte ich in Erfahrung gebracht, dass in Marburg eine Tochter von Erich Fellgiebel lebt. Herr Dr. Reinhard Neebe vom hessischen Staatsarchiv Marburg, der übrigens eine beachtenswerte Ausstellung über General Erich Fellgiebel präsentieren kann, vermittelte den Besuch. Frau Susanne Potel, inzwischen über 80 Jahre alt, empfing uns, d.h. Herrn Dr. Reinhard Neebe, meine Frau Jutta und mich in ihrer Wohnung. Schnell fanden wir Zugang zueinander. Sie, die 1944 20-jährige, im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes in Görlitz eingesetzt, erfuhr von der Zugehörigkeit ihres Vaters zum Widerstand erst, nachedem sie verhaftet wurde.
Neun Wochen saß sie in Einzelhaft ohne Kontakt zu ihren Angehörigen. Besonders tief betroffen macht sie, dass zu Kriegsende ihr gerade 17-jähriger Bruder noch in einer Strafeinheit eingesetzt wurde und gefallen ist. Auch die Nachkriegszeit war nicht sehr einfach. So wurde die Überlebendennicht nur des Widerstandes, sondern auch ihre Familienangehörigen in den ersten Nachkriegsjahren noch als Vaterlandsverräter bezeichnet. Bezeichnend ist, dass schließlich das Bundeskanzleramt 1950 eingeschaltet werden musste, um die Pensionsansprüche ihrer Mutter durchzusetzen. Ein ungeheurer Vorgang, wenn man bedenkt, dass die Witwe des Blutrichters Roland Freisler bis in die 80er Jahre Witwenpension bezog.
Frau Susanne Potel hat nie mit dem Hinweis auf die Person ihre Vaters versucht, Vorteile für sich zu erhalten. So erzählte Herr Dr. Reinhard Neebe, dass er jahrelang mit einer Tochter von Frau Potel das Gymnasium besucht habe, ohne dass ihm seinerzeit die Zugehörigkeit ihres Vaters zum Widerstand bekannt geworden sei.
Frau Potel wohnte ja im Hause ihrer Eltern in Berlin. In Anwesenheit der Familie wurde jedoch nie über den Widerstand gesprochen. General Erich Fellgiebel, wie vielen anderen Widerstandskämpfern, ging es offensichtlich immer darum, ihren Familien im Falle eines Misslingens oder Verratszu schützen. Aus ihrer Kindheit kannte Frau Potel auch noch die Familien des Generalfeldmarschalls von Manstein und des Generalobersten Guderian. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass sich die Familie Guderian, obwohl nicht am Widerstand beteiligt, auch nach dem Krieg um ihre Mutter gekümmert habe. Besonders interessant war das Fotoalbum mit Bildern von General Erich Fellgiebel und seinen Mitarbeitern, die ich in dieser Form noch nie gesehen habe. Wir verblieben mit Frau Susanne Potel so, dass wir auch zukünftig den Kontakt pflegen und somit Leben, Werk und Sterben ihres Vaters den gebührenden Platz zuweisen wollen.
Georg Schrenk, Frau Susanne Potel, in: F-Flagge, Heft 4-2005 (Koblenz 2005)
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