Bericht über die Judenverfolgung in Erfurt und Thüringen im Jahre 1349
Chronica St. Petri Erfordensis moderna
Monumenta Erphesfurtensia S. 379f.
Eodem anno infra festum purificacionis beate Marie virginis et carnisprivium Iudei occisi sunt in omnibus oppidis, castellis et villis Thuringie, scilicet in Gotha, Ysenach, Arnstete, Ylmene, Nebere, Wie, Tenstete, Herbisleybin, Tummezbrucken, Frankenhusen, Wizzense, quia infecerunt fontes et puteos veneno et toxico, ut tunt manifeste dicebatur, quod multi sacci veneno pleni in fontibus et puteis reperirentur. Eodem anno in die sancti Benedicti, qui tunt fuit sabato ante dominicam letare, Iudei interfecti sunt in Erphordia per communitatem civium, invitis consulibus, centum et ultra. Alii vero plus quam tria milia, cum viderent se manus Christianorum non posse evadere, pro quadam sanctitate se ipsos in propriis domibus cremaverunt. Post triduum in curribus oneratis ducti sunt ad cimiterium eorum ante valvam sancti Mauricii' et ibidem sepulti. Requiescant in inferno! Eciam dicitur ipsos fontes et Geram Erphordie intoxicasse nec non allecia, ita ut nemo ipsa in quadragesima commedere vellet, nec aliquis civium de dicioribus cum aqua coquere permitteret. Si verum dicunt, nescio. Sed magis credo fuisse exordium calamitatum eorum magnam et infinitam pecuniam, quam barones cum militibus, cives cum rusticis ipsis solvere tenebantur. Deo autem gracias, qui civitatem Erphordensem populumque christianum inter tot incendia tantaque homicidia sua magna misericordia pie custodivit. Eodem anno et die interfecti sunt Iudei in Molhusen pari modo sicut in Erphordia et fere in tota Alemania occisi, seipsosque personaliter cremaverunt. [...]
Im selben Jahr, zwischen Mariä Reinigung und Fastnacht [2.-24. Februar 1349] wurden die Juden in allen Städten, Burgen und Dörfern Thüringens erschlagen, nämlich in Gotha, Eisenach, Arnstadt, Ilmenau, Nebra, Wiehe, Tennstedt, Herbsleben, Thamsbrück, Frankenhausen und Weißensee, weil sie Quellen und Brunnen verseucht hatten, wie damals für erwiesen galt, weil viele Säcke voll Gift in den Brunnen gefunden worden sein sollten. Im selben Jahr, am Tag des heiligen Benedikt [21. März 1349], der damals auf den Sonnabend vor Lätare fiel, wurden die Juden in Erfurt entgegen dem Willen des Rates von der Bürgergemeinde erschlagen, hundert oder mehr. Die andern aber, mehr als dreitausend1, haben sich, als sie sahen, daß sie den Händen der Christen nicht entkommen konnten, aus einer Art Frömmigkeit in ihren eigenen Häusern selbst verbrannt. Nach drei Tagen wurden sie auf Lastkarren zu ihrem Friedhof vor dem Moritztor gebracht' und dort begraben. Mögen sie in der Hölle ruhn! Man sagt auch, sie hätten in Erfurt die Brunnen und die Gera vergiftet und auch die Heringe, so daß niemand in den Fasten davon essen wollte und keiner der reicheren Bürger mit Wasser kochen ließ. Ob sie recht haben, weiß ich nicht. Eher glaube ich, der Anfang ihres Unglücks war das unendlich viele Geld, das Barone und Ritter, Bürger und Bauern ihnen schuldeten. Gott aber sei Dank, daß er die Stadt Erfurt und die Christenheit bei soviel Brand und Mord in seiner großen Barmherzigkeit gnädig bewahrt hat. Im selben Jahr und am selben Tag wurden die Juden in Mühlhausen auf gleiche Weise wie in Erfurt getötet und sind fast in ganz Deutschland umgebracht worden oder haben sich selbst verbrannt. [...]
zit. nach: Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Mittel- und Oberdeutscher Städte im Mittelalter, ausgewählt und übersetzt von Gisela Möncke, Darmstadt 1982, S. 198-199
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