S. 102-103:
[...] wer zu jung und zu wenig abgehärtet war, der ist gestorben. Mein verstorbener Bruder war ja auch zwei Jahre jünger als ich. Der ist nach einem Jahr gestorben. Der war sechzehn. Der ist nach einem Jahr gestorben: Schwäche. Das Herz war angegriffen. Und die Unterernährung. Abends hat er bei mir noch bestellt: wenn du mir Marmelade bringen willst. Ich hatte am Fenster mit ihm gesprochen. Reingehen [in den Krankenblock, uer] konnte man ja nicht, weil ja alles bewacht war. Ich bringe dir morgen früh deine Marmelade, habe ich gesagt. Am andern Tag bin ich dann zum Fenster gegangen und da hat auch einer zum Fenster rausgeschaut. Ich habe ihm gesagt, ruf doch mal den Danzi. Er hat nur gesagt: der ist nicht mehr da, ist heute nachts gestorben. Ich wollte ihm die Marmelade, das letzte, was ich ihm geben wollte, aber er war schon tot. Er war sechzehn, vielleicht auch schon siebzehn geworden. Es ist so viel verdrängt. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange wir da schon drin waren. [...]
Mein Vater, der war nicht dabei, der ist schon nach einem Jahr gestorben. Typhus hatte er bekommen. Für meinen Vater war es hart. Und zwar aus einem bestimmten Grunde. Er hatte erkannt, wie wir da rein kamen, dass er mit der Familie nicht mehr heraus kann. Wie er alles, die ganzen Umstände gesehen hatte, die Bewachung, den Stacheldraht, die Wachposten, die Versorgung, die Appelle morgens und abends, und die Aussortierung der Arbeitskräfte […]
Wir sind ja aussortiert worden nach acht, vierzehn Tagen, und mein Bruder und ich sind dann ins Männerlager gekommen, wurden von der Familie getrennt, mein Vater blieb bei der Familie. Er war dann im Block Nachtwächter. Es gab in jedem Block einen Nachtwächter. Er hat Typhus bekommen und ist elendig zugrunde gegangen. Wir beiden Söhne sind weggekommen, und er wusste nicht, wo wir waren.
Wir waren dann im Männerhauptlager in Auschwitz. Wir sind auch wieder getrennt worden. Schon an dem ersten Abend, wo wir rüber gekommen sind, wurden wir abgezählt, und er stand hinter mir. Hinter mir hat er dann Schluss gemacht und mich so zu einer anderen Arbeitseinheit eingeteilt. Dann kam er in Block 4a. Das war die so genannte Maurerschule, und ich kam in Block 5a. So waren wir beide getrennt. Später sind wir dann zusammen in einem Kommando zur Arbeit gegangen. Ich bin dann beim Kommando BV II, wenn ich mich richtig erinnere. Wir waren zweitausend Mann und wurden dann wieder aufgeteilt, zur Schreinerei, zum Mauern, zum Planieren. Ich selbst war beim Planieren. Und hierher ist mein Bruder auch dazu gekommen. Bei der Arbeit waren wir zusammen, aber wenn wir dann abends zurück marschierten, wurden wir wieder getrennt, er in einen Block, ich in einen anderen. Er war ziemlich hilflos, und ich zunächst auch. Ich könnte heute noch darüber weinen, wenn ich daran denke, dass ich meinem Bruder nicht helfen konnte. Ich war ja selbst unerfahren, erst kurz im Lager. [...]
In Auschwitz war ich in Stube 6. Der Blockälteste war ein Berufsverbrecher mit einem grünen Wickel. BVler sagten wir dazu. Er nannte es „Sperlingshöh“. Da pfiff der Wind durch die Dachziegel. Nur Dachziegel, sonst nichts. Da standen die 3-etagige Betten, und in diesen waren nur die sogenannten „Minderwertigen“ untergebracht. Ich bin da gleich bei der ersten Einteilung hingekommen. Es waren noch etwa 100 andere da oben.
S. 105
Ich war erst in Auschwitz. Wir waren dann ungefähr ein Jahr in Auschwitz, sind dann von dort auf den Transport nach Buchenwald weggekommen. Nur arbeitsfähige junge Männer aus dem Hauptlager. Nicht aus dem Zigeunerlager, da sind wir ja schon vorher herausgekommen. Wir waren ja nur drei oder vier Wochen in diesem Zigeunerlager. Da sind dann die arbeitsfähigen jungen Männer ausgesucht worden, und die sind dann ins Hauptlager nach Auschwitz gekommen. Und in diesem Hauptlager ist dann auch mein Bruder verstorben.
Da fällt mir noch ein Ereignis ein. Da sind Russen ausgerissen. Die waren dort im Fuhrpark tätig, hatten mit Pferden zu tun. Sie waren alle versiert mit Pferden. Die haben dort die Transporte durchgeführt. Sie waren beschäftigt in einem richtigen Pferdestall mit Fuhrpark. Das war ein Sonderkommando. Von denen sind drei oder vier ausgerissen. Und dann musste das ganze Lager Appell stehen, bis die gefasst worden sind. Und die sind dann gefasst worden. Und alle mussten an denen vorbeimarschieren. Sie waren zugerichtet, auf Brettern festgenagelt oder gebunden, die schräg an einer Wand aufgestellt waren. Wie sie genau festgemacht waren, weiß ich nicht genau. Alle mussten zur Abschreckung an denen vorbeimarschieren. Dem einen Russen hingen die Eingeweide heraus. Die hatten ihn aufgeschlitzt oder er hatte einen Bauchschuss bekommen. Und wirklich alle mussten vorbei. Das war in Auschwitz.
Von da aus sind wir nach Buchenwald gekommen. In Buchenwald waren wir vier oder sechs Wochen in Quarantäne. Wir mussten aber dort arbeiten. Wir haben Steine aus dem Steinbruch getragen, haben sie woanders hingelegt. Dann haben wir in der Gärtnerei Düngemittel getragen, in Kisten, immer zu zweit, einer hinten, einer vorne. Und auch wieder Appelle gestanden. Dort in Buchenwald waren wir bis zum 12. Mai 1944. Und dann sind wir nach Dora gekommen. Dora war damals im Aufbau. Es wurde die Fabrik, wo später die V1 gebaut wurde, in den Fels gesprengt. Ich war damals mit noch einem Mettbach, der war aus Mainz und ist vor ein, zwei Jahren gestorben, vom Jahrgang 1924 wie ich, und noch einem aus Gießen, der hieß auch Mettbach, und war der Cousin von dem ersten. Wir waren alle bei einem Kommando: Zaunbau-Kommando. Da waren wir ungefähr ein halbes Jahr und haben die Betonpfosten gesetzt. Der Traubeli und ich haben die ausgerichtet mit dem Lot und einbetoniert. Da waren dann noch ein, zwei, drei Mann abkommandiert. Und nach einem halben Jahr haben wir uns freiwillig zu einem Transport gemeldet. Der ist dann abgegangen nach Ellrich; das war ein Nebenlager, ungefähr 25 Kilometer entfernt. Von Ellrich wurden wir dann eingesetzt in Wurfleben. Da haben wir dann wieder einen Berg ausgesprengt, wo Fabriken eingebaut werden sollten. Wir sind dann morgens mit einem Güterzug heruntertransportiert worden und abends wieder nach Hause. Und da haben wir verschiedene Arbeiten ausführen müssen.
Ich war erst in Auschwitz. Wir waren dann ungefähr ein Jahr in Auschwitz, sind dann von dort auf den Transport nach Buchenwald weggekommen. Nur arbeitsfähige junge Männer aus dem Hauptlager. Nicht aus dem Zigeunerlager, da sind wir ja schon vorher herausgekommen. Wir waren ja nur drei oder vier Wochen in diesem Zigeunerlager. Da sind dann die arbeitsfähigen jungen Männer ausgesucht worden, und die sind dann ins Hauptlager nach Auschwitz gekommen. Und in diesem Hauptlager ist dann auch mein Bruder verstorben.
Da fällt mir noch ein Ereignis ein. Da sind Russen ausgerissen. Die waren dort im Fuhrpark tätig, hatten mit Pferden zu tun. Sie waren alle versiert mit Pferden. Die haben dort die Transporte durchgeführt. Sie waren beschäftigt in einem richtigen Pferdestall mit Fuhrpark. Das war ein Sonderkommando. Von denen sind drei oder vier ausgerissen. Und dann musste das ganze Lager Appell stehen, bis die gefasst worden sind. Und die sind dann gefasst worden. Und alle mussten an denen vorbeimarschieren. Sie waren zugerichtet, auf Brettern festgenagelt oder gebunden, die schräg an einer Wand aufgestellt waren. Wie sie genau festgemacht waren, weiß ich nicht genau. Alle mussten zur Abschreckung an denen vorbeimarschieren. Dem einen Russen hingen die Eingeweide heraus. Die hatten ihn aufgeschlitzt oder er hatte einen Bauchschuss bekommen. Und wirklich alle mussten vorbei. Das war in Auschwitz.
Von da aus sind wir nach Buchenwald gekommen. In Buchenwald waren wir vier oder sechs Wochen in Quarantäne. Wir mussten aber dort arbeiten. Wir haben Steine aus dem Steinbruch getragen, haben sie woanders hingelegt. Dann haben wir in der Gärtnerei Düngemittel getragen, in Kisten, immer zu zweit, einer hinten, einer vorne. Und auch wieder Appelle gestanden. Dort in Buchenwald waren wir bis zum 12. Mai 1944. Und dann sind wir nach Dora gekommen. Dora war damals im Aufbau. Es wurde die Fabrik, wo später die V1 gebaut wurde, in den Fels gesprengt. Ich war damals mit noch einem Mettbach, der war aus Mainz und ist vor ein, zwei Jahren gestorben, vom Jahrgang 1924 wie ich, und noch einem aus Gießen, der hieß auch Mettbach, und war der Cousin von dem ersten. Wir waren alle bei einem Kommando: Zaunbau-Kommando. Da waren wir ungefähr ein halbes Jahr und haben die Betonpfosten gesetzt. Der Traubeli und ich haben die ausgerichtet mit dem Lot und einbetoniert. Da waren dann noch ein, zwei, drei Mann abkommandiert. Und nach einem halben Jahr haben wir uns freiwillig zu einem Transport gemeldet. Der ist dann abgegangen nach Ellrich; das war ein Nebenlager, ungefähr 25 Kilometer entfernt. Von Ellrich wurden wir dann eingesetzt in Wurfleben. Da haben wir dann wieder einen Berg ausgesprengt, wo Fabriken eingebaut werden sollten. Wir sind dann morgens mit einem Güterzug heruntertransportiert worden und abends wieder nach Hause. Und da haben wir verschiedene Arbeiten ausführen müssen.
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