Heinrich Moritz Gottlieb Grellmann (1756 – 1804), Professor in Göttingen.
Grellmann gilt im deutschen Sprachraum als der erste wissenschaftliche „Zigeunerforscher“ oder „Zigeunerwissenschaftler“. Er forderte von den „Zigeunern“ wie manche andere „Zigeunerforscher“ nach ihm Anpassung an die „zivilisierte Volksmenge" mithilfe einer pädagogischen „Umschaffung", eine Disziplinierung über die Erziehung, gemeint war unter anderem die Sesshaftmachung. Dieses Ziel stand im klaren Widerspruch zu den Edikten und den Ausgrenzungsmechanismen, aber mit der „Umschaffung“ sollte das Ziel Assimilierung erreicht werden. Grellmanns Begründung des Projekts der „Zigeuner-Assimilation” stellte vor allem den ökonomischen Nutzen und das daraus resultierende staatliche Interesse an der geplanten Umerziehung in den Vordergrund.
Das Projekt, das zum Teil unter Maria Theresia und Joseph II. umgesetzt wurde, scheiterte. Das Projektziel Assimilation wurde aber nicht infrage gestellt, sondern die „Zigeuner“ wurden zu einem Volk von kulturloser Primitivität erklärt. Die von Heinrich Grellmann mitbegründete Zigeunerwissenschaft glaubte, im Verhalten der "Zigeuner" Anzeichen gesellschaftsgefährdender Verwahrlosung zu erkennen, und erklärte diese schließlich zu „sittlichen Ungeheuern". Die Bezeichnungen, die Grellmann benutzte und die dann endgültig Eingang in das enzyklopädische Wissen über „Zigeuner“, sprich Sinti und Roma, fanden, sind bösartig-diskriminierend. Das Denken von Grellmann war biologistisch, weil das unterstellte Verhalten nicht als individuelles Verhalten bewertet sondern per se zu einem Kulturgut für eine gesamte Gruppe erklärt wurde. Eine Grundlage für den Rassismus war damit gelegt. Im Originalton Grellmanns heißt es zum Beispiel: Oft schien ein Knabe […] auf dem besten Wege zur Menschwerdung zu seyn, und plötzlich brach die rohe Natur wieder hervor, er gerieth in den Rückfall und wurde mit Haut und Haar wieder Zigeuner. (S. 11)
Vor Grellmann waren schon Richter, Staatsanwälte und auch Philosophen aktiv bei der Suche nach dem „Wesen der Zigeuner“. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen wurden veröffentlicht, gelesen und nicht zuletzt in Lexika zusammengefasst, so dass jeder wusste, was ein „Zigeuner“ ist, welche Eigenschaften er hat, ohne jemals Kontakt zu Sinti und Roma gehabt zu haben.
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