Summa Vitae, Sommer 1232
Die nebenstehende Begebenheit schildert Magister Konrad in dem kurzen Abriß von Elisabeths Leben, den er im Sommer 1232 verfaßte. Diese Kurzbiographie, auch Summa vitae genannt, wurde mit weiteren Unterlagen sowohl im August 1232 als auch im Februar 1233 an die Kurie nach Rom gesandt, um das Heiligsprechungsverfahren für Elisabeth zu initiieren bzw. fortzuführen. Aus der geschilderten Episode wird deutlich, daß sich Magister Konrad nicht nur um Elisabeths Seelenheil sorgte, sondern auch um ihre körperliche Gesundheit. Offensichtlich neigte Elisabeth zuweilen in ihrer tätigen Nächstenliebe zu einer völligen Mißachtung ihrer Selbst, Konrad hinwiederum zu einem gewissen Jähzorn.
Im Januar 1235 wurden vier ehemalige Dienerinnen Elisabeths im Rahmen des Kanonisationsprozesses offiziell einvernommen. Eine von ihnen namens Irmgard berichtete, daß Elisabeth einmal mit dem Gedanken gespielt habe, Reklusin im Prämonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar zu werden. In Begleitung Irmgards habe Elisabeth die Klausur des Klosters betreten. Daraufhin habe Magister Konrad sie dort herausgerufen und ihr vorgeworfen, seine Anordnungen über ihre Lebensführung mißachtet zu haben. Dann habe er seinem Diener Gerhard den Befehl gegeben, Elisabeth und Irmgard mit einer Rute zu schlagen, was auch geschehen sei. Elisabeth habe die Strafe mit Einsicht und Demut hingenommen.
Diese beiden Begebenheiten sind die einzigen konkreten Belege dafür, daß Magister Konrad gegenüber Elisabeth körperliche Gewalt anwandte. Daraus kann nicht geschlossen werden, daß sich solches des öfteren oder gar regelmäßig ereignete. Es gibt keine historischen Quellen, aus denen hervorginge, daß Konrad Elisabeth in ihrem Hospital in der Gegenwart von Patienten geschlagen hätte, wie es Peter Janssen in der Ölskizze über dieser Vitrine 1895 darstellte. Es handelt sich um eine Fiktion des neuzeitlichen Künstlers.
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