Dokument 15.0
Der Vertrag von Versailles, 28.6.1919:
Urheber
Datum
28.06.1919
Bestand/Sign.
C. Horkenbach (Hg.), Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, 4 Bde., Berlin 1931-35, hier Bd. 1: 1918-30, S. 345 ff.
1.3. Das Diktat der Sieger: Der Versailler Vertrag
Nachdem am 11. 11. 1918 mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens durch Matthias Erzberger (Z) in Compiègne die Feindseligkeiten an allen Fronten eingestellt worden waren, trat am 18.1.1919 im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles die Friedenskonferenz von 27 Siegerstaaten ohne Vertreter des Deutschen Reiches zusammen. Am 16. Juni übergaben die Alliierten die endgültigen Friedensbedingungen, in denen die Grundsätze der „14 Punkte" des amerikanischen Präsidenten Wilson (siehe Quelle 2, Anm. 2) zugunsten der weitgesteckten Kriegsziele vor allem Frankreichs verdrängt waren. Die Nationalversammlung stimmte dem Ultimatum der Siegermächte am 22. 6.1919 mit 237 gegen 138 Stimmen zu. Am 28. 6.1919 erfolgte die Unterzeichnung des Friedensvertrages in Versailles durch Reichsaußenminister Hermann Müller (SPD) und Verkehrsminister Johannes Bell (Z).
Der Vertrag von Versailles, 28.6.1919
Teil VIII Wiedergutmachungen, Abschnitt 1: Allgemeine Bestimmungen
Artikel 231: „Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben." ...Der Ausschuß stellt nach Artikel 233 einen Zahlungsplan auf, der die Fälligkeitszeiten und die Art und Weise vorschreibt, wie Deutschland vom 1. Mai 1921 ab seine gesamte Schuld in einem Zeitraum von dreißig Jahren zu tilgen hat...
Nach Anlage 1 wird von Deutschland voller Ersatz gefordert für 1. Schäden von Zivilpersonen an Gesundheit und Leben durch unmittelbare Kriegshandlungen und Entschädigung der Hinterbliebenen, 2. Schäden durch Grausamkeiten oder Mißhandlungen an Zivilpersonen, 3. Schäden an Gesundheit, Arbeitsfähigkeit oder Ehre von Zivilpersonen im besetzten Gebiet, 4. Schiiden aus Mißhandlung der Kriegsgefangenen, 5. alle Pensionen für die militärischen Opfer des Krieges, in Form des gegenwärtigen Kapitalwertes, 6. Erstattung der Regierungsaufwendungen Für Familien Kriegsgefangener, 7. Erstattung der Regierungsaufwendungen für die Angehörigen Mobilisierter, 8. Schäden aus Heranziehung von Zivilpersonen zur Zwangsarbeit, 9. Schaden am Eigentum infolge von Kriegshandlungen, 10. Schäden der Zivilbevölkerung durch Auflagen, Strafen und Beitreibungen. (Die Forderungen zu 5 bis 7 sind von Deutschland als unrechtmäßig bezeichnet worden. Sie betragen etwa 100 Milliarden Goldmark, während die rechtlich begründeten Forderungen etwa 60 Milliarden Goldmark ausmachen.) ...
Die Sachleistungen (Anlagen III bis V11 zu Teil 8 des Vertrages) § l: „Deutschland erkennt das Recht der alliierten und assoziierten Mächte auf Ersatz aller durch Kriegsereignisse verlorenen oder beschädigten Handelsschiffe und Fischereifahrzeuge, Tonne für Tonne und Klasse für Klasse an." Zu diesem Zweck überträgt die deutsche Regierung den alliierten und assoziierten Regierungen das Eigentum an allen deutschen Handelsschiffen von 1600 Bruttotonnen und darüber, ferner die Hälfte der Schiffe zwischen 1000 und 1600 Tonnen und je ein Viertel des Tonnengehalts der Fischdampfer und anderer Fischereifahrzeuge...
Zum Zwecke der Wiedererstattung dessen, was Deutschland im besetzten Gebiet beschlagnahmte, sind die fortgeführten Maschinen zurückzugeben oder durch gleichartige Stücke zu ersetzen. Der Viehbestand der Vertragsgegner ist wieder aufzufüllen, und zwar sind innerhalb drei Monaten u. a. zu liefern: an Frankreich 500 Zuchthengste, 30000 Stuten, 90000 Milchkühe, 2000 Stiere, 100000 Schafe, an Belgien 200 Zuchthengste, 10000 Stuten, 50000 Milchkühe, 2000 Stiere, 40000 Färsen, 20000 Schafe, 15000 Mutterschweine.
An Kohlen und Kohlenerzeugnissen hat Deutschland zu liefern: an Frankreich zehn Jahre lang 7 Millionen Tonnen Kohle jährlich, ferner den Unterschied zwischen der gegenwärtigen Jahresförderung der in Nordfrankreich zerstörten Gruben und ihrer Friedensleistung, jedoch nicht mehr als 20 Millionen Tonnen jährlich während der ersten fünf und acht MillionenTonnen in den fünf folgenden Jahren; an Belgien zehn Jahre lang acht Millionen Tonnen jährlich; an Italien zehn Jahre lang Mengen, die von 41/2 auf 81/2 Millionen Tonnenjährlich ansteigen, an Luxemburg, wenn der Wiedergutmachungsausschuß es verlangt, eine jährliche Kohlenmenge, die seinem Vorkriegsverbrauch entspricht. An Kohlennebenerzeugnissen liefert Deutschland an Frankreich 35 000 Tonnen Benzol, 50000 Tonnen Steinkohlenteer, 30000 Tonnen schwefelsaures Ammoniak. Für alle diese Lieferungen wird nur der deutsche Inlandspreis bewilligt. Nur die auf dem Seeweg gelieferten Kohlenmengen werden zum deutschen Ausfuhrpreis angerechnet.
An Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen räumt Deutschland dem Wiedergutmachungsausschuß ein Bezugsrecht ein auf 50% der Gesamtmenge jeder Art von Farbstoffen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen, sofern sie sich beim Inkrafttreten des Friedensvertrages unter deutscher Verfügungsgewalt oder in Deutschland befinden, und auf 25% der deutschen Erzeugung für die Zeit vom 10. Januar 1920 bi s 1. Januar 1925. Alle wichtigen Kabellinien Deutschlands werden abgetreten....
Teil X Wirtschaftliche Bestimmungen
Artikel 264 bis 312 sichern den Alliierten ohne Gewährung von Gegenseitigkeit Meistbegünstigung in Handel und Schiffahrt, Unterdrückung unlauteren Wettbewerbs, insbesondere Schutz der örtlichen Bezeichnung von alkoholischen Getränken (Kognak, Bordeauxwein usw.) bis zum 10. Januar 1925.
Teil XIV Bürgschaften für die Durchführung von Abschnitt l , Westeuropa.
Artikel 428: „Um die Ausführung des gegenwärtigen Vertrages durch Deutschland sicherzustellen, bleiben die deutschen Gebiete westlich des Rheins einseht. der Brückenköpfe während eines Zeitraums von 15 Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages durch die Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzt." Bei getreulicher Erfüllung des Vertrages wird die Zone von Köln nach fünf Jahren, von Koblenz nach zehn Jahren, der Rest nach 15 Jahren geräumt.
Artikel 430: „Stellt während der Besetzung oder nach Ablauf der oben vorgesehenen 15 Jahre der Wiedergutmachungsausschuß fest, daß Deutschland sich weigert, die Gesamtheit oder einzelne der ihm nach dem gegenwärtigen Vertrag obliegenden Wiedergutmachungsverpflichtungen zu erfüllen, so werden die im Artikel 429 genannten Zonen sofort wieder durch alliierte und assoziierte Streitkräfte ganz oder teilweise besetzt."
C. Horkenbach (Hg.), Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, 4 Bde., Berlin 1931-35, hier Bd. 1: 1918-30, S. 345 ff.
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