2. Weimars letzte Chance: Die Regierung von Schleicher
Am 3.12.1932 ernannte von Hindenburg den Reichswehrminister im Kabinett von Papen, General von Schleicher, zum neuen Kanzler. Schleicher zog die Schlussfolgerung aus dem politischen Scheitern seines Vorgängers und versuchte, eine neue „Massenbasis" zu finden: eine Querfront vom linken Flügel der NSDAP (Gregor Strasser) über Gewerkschaften und Sozialdemokratie bis hin zur Exportindustrie.
„Die neue Regierung von Schleicher". Aus einem Artikel in der ,Täglichen Rundschau", dem Organ des Generals von Schleicher, vom 4.12.1932:... Dieses Kabinett ist ein Ende und ein Anfang zugleich. Die ältere Generation hat heute in der Gestalt des Generals ihren stärksten und letzten Vertreter herausgestellt, sie hat nun keine Reserven mehr... Das letzte Pferd ist aus dem Stall herausgeholt worden, und dieser Stall ist bereits leer. Versagt auch dieses Pferd, dann geht die Führung der Entwicklung an ganz andere, jüngere Namen über...
Herr von Schleicher operiert auf einer Basis, die Rechts und Links zusammenzufassen sucht. Er hat sich weiter nach „rechts" exponiert als jeder Staatsmann vor ihm, denn er hat immer die direkte Verbindung zur NSDAP gehalten. Er hat sich aber auch weiter nach „links" exponiert, denn seine Verbindungen reichen bis zu den Freien Gewerkschaften, was ihm die Bezeichnung: „Der rote General" eingetragen hat. Der Bogen dieser Politik ist also weit genug gespannt, um den Rahmen abzugeben, in dem sich der Umbau in Deutschland ruhig und sinnvoll vollziehen kann. Dieses Kabinett hat die große Aufgabe, die Kräfte von rechts und links langsam wieder in den Staat einzubauen und diesem Staat damit wieder ein festes Fundament und einen lebendigen Inhalt zu geben. Es hat einen langen Weg vor sich und - es kann sehr lange Zeit am Ruder bleiben...
Wenn der General dem Bild entspricht, das sich die Öffentlichkeit von ihm macht, so gehen wir heute einer langsamen politischen Entspannung und wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung in Deutschland entgegen. Es muss dann auch endlich wieder mit größeren Zeiträumen gerechnet werden ... Es handelt sich dann nicht mehr darum, das „System" in seiner Totalität zu attackieren, sondern darum, innerhalb dieses staatlichen Rahmens für einen sinnvollen Umbau zu kämpfen. In die deutsche Entwicklung ist mit diesem Kabinett zum ersten Male wieder eine Spur von Kontinuität gekommen; wenn sie pfleglich behandelt werden sollte, haben wir den Höhepunkt der Krise überschritten.
Zit. nach: Ursachen und Folgen, Bd. 8, S. 711 f.
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