Die Haltung des westlichen Auslandes zur verfassungspolitischen Entwicklung in Deutschland. Aus einem Schreiben Erich von Gilsas an den Ruhrindustriellen Paul Reusch vom 5.12.1930:
Bei dem Abschluß des letzten Überbrückungskredits in Höhe von 125 Millionen Dollar1 soll nach meinen Informationen die Reichsregierung... erhebliche Zugeständnisse an Amerika gemacht haben... das Kabinett [habe] versprechen müssen, die Krise in Deutschland nicht auf außerparlamentarischem, sondern auf parlamentarischem Wege zu lösen. Mein Gewährsmann sagte mir, daß diese Bindungen ganz vertraulich behandelt würden.
Eigentlich ist es ja nicht recht verständlich, warum das Ausland gegen eine außerparlamentarische Lösung sein sollte. Es müßte doch nur daran interessiert sein, daß bei uns endlich Ordnung geschaffen würde, damit dem Ausland die von ihm bei uns angelegten Gelder nicht verlorengingen. Die Psyche der Völker ist ja manchmal eigentümlich. In den westeuropäischen Ländern und auch in Nordamerika ist der Parlamentarismus ja ganz anders gestaltet und im Volksempfinden eingewurzelt als bei uns. Dort sieht man vielleicht in einem Bruch mit der parlamentarischen Form zugleich den Anfang des drohenden Chaos.
Politik und Wirtschaft in der Krise 1930-1932, Düsseldorf 1980, S. 48417.
1Der Kredit wurde dem Deutschen Reich am 11.10.1930 von einem internationalen Bankenkonsortium unter Führung des amerikanischen Hauses Lee-Higginson & Co gewährt.
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