Weisungen des Reichspräsidenten für ein zukünftiges „Hindenburg-Kabinett". Aufzeichnung des Grafen von Westarp über eine Unterredung mit von Hindenburg, 15.1.1930
a) antiparlamentarisch, also ohne Koalitionsverhandlungen und Vereinbarungen.
b) antimarxistisch, [es] sei... schon um der Wirtschaft und der Finanzen willen durchaus erforderlich, zum mindesten auf einige Zeit hinaus den sozialdemokratischen Einfluß auszuschalten.
c) Wandlung in Preußen... Das sei auch unbedingt erforderlich, um der unwiderbringlichen Schäden der Personalpolitik willen, insbesondere aber, weil eine sozialdemokratische Regierung in Preußen gewillt und... auch in der Lage sein werde, der geplanten neuen Reichsregierung unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg zu legen.1
1 Das Land Preußen verfügte über 62,5% der Gesamtfläche und über 61,2% der Gesamteinwohner des Reiches, es war im Reichsrat mit 27 von 68 Stimmen die dominierende, politische Kraft (s. auch Anhang, Karte S. 125). Von 1920 bis zum sog. „Preußenschlag" am 20.7.1932 (s. Quellen 86 u. 87) regierte eine Koalition von SPD, DDP und Zentrum unter Führung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Otto Braun.
Politik und Wirtschaft in der Krise 1930-1932, Bd. 1, Düsseldorf 1980, S. 15-18
Die beabsichtigte Ausschaltung der SPD aus der Regierungsverantwortung war im Januar 1930 aus reparationspolitischen Gründen (vgl. auch Quelle 58) noch nicht möglich. Zuvor mußte der „Young-Plan"1 im Reichstag verabschiedet werden, und dafür wurde die Zustimmung der SPD benötigt. Die Parteien der „Großen Koalition" befürworteten den im Juni 1929 ausgehandelten „Neuen Plan", weil er eine Verminderung der jährlichen Reparationszahlungen um durchschnittlich 450 Millionen Mark und zugleich die Aufhebung verschiedener alliierter Restriktionen vorsah.
Die nationale Rechte (DNVP, NSDAP) rief demgegenüber im Oktober 1929 zu einem Volksbegehren gegen die Verabschiedung des „Young-Planes" auf. NSDAPund DNVP konnten über4 Millionen Unterschriften fürein „Volksbegehren" sammeln, scheiterten aber deutlich im Volksentscheid am 22.12.1929. Gegen den „Young-Plan" votierten nur 13,8% der Stimmberechtigten.
Die parlamentarische Verabschiedung des „Young-Planes" erfolgte am 12. März mit 266 Stimmen der Regierungsparteien gegen 193 Stimmen der Opposition. Damit war die politische Klammer zerbrochen, die die „Große Koalition" noch zusammengehalten hatte.
1 benannt nach Owen D. Young (1874-1962), s. Kurzbiographien im Anhang
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