Am 28. Februar 1925 starb Friedrich Ebert, nachdem er mehr als sechs Jahre lang an der Spitze des Reiches gestanden hatte. Er hatte sein Amt übernommen, als Deutschland im Weltkrieg geschlagen war und vor dem Untergang stand. Wenn zur Zeit seines Todes die schlimmsten Gefahren überwunden waren, die Welt wieder an Deutschland, Deutschland wieder an sich selber glaubte, so trug an diesem Erfolg niemand stärkeren Anteil als er. Deutschland hatte zum ersten Mal erlebt, daß ein Mann aus den „unteren" Volksschichten zur Würde eines Staatsoberhauptes emporstieg. Wo Kaiser und Könige, Fürsten und Junker versagt hatten, musste der ehemalige Sattlergeselle Ordnung schaffen. Eine alte Führerschicht, aufgewachsen an den Höfen, in den Offizierskasinos und den feudalen Korps, wurde durch eine neue abgelöst, die in der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung ihre Schulung erhalten hatte. Ebert war ihr vornehmster Repräsentant. Kein Vorwurf ist ungerechter als der, Ebert habe die Grundsätze seiner Partei verlassen… Er war kein Held der Weltgeschichte, wie ihn der Historienmaler zeigt, hoch zu Roß über die Leichen gefallener Feinde reitend oder auf erstürmten Barrikaden mit der Fahne in der Hand. Aber man kann sich ihn vorstellen, wie er als Führer in unwirtlichem Hochgebirge die ihm anvertraute Schar vorsichtig und unverzagt durch Sturm und Wetter über vereiste Hänge zur sicheren Hütte geleitet.
Friedrich Stampfer, Die ersten 14 Jahre der Deutschen Republik, 1. Aufl. Karlsbad 1936, S. 439ff.
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