Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages mußte die Stärke des deutschen Heeres auf 100 000 Mann verringert werden. Freikorps und Verbänden der Reichswehr stand gleichermaßen die Auflösung bevor. In dieser Situation besetzte der General Walther Frhr. von Lüttwitz mit ihm unterstellten Freikorps-Verbänden aus dem Baltikum am 13.3.1920 das Regierungsviertel in Berlin. Mit ihm im Bunde war der ehemalige Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp, im Kriege Mitbegründer der annexionistischen Deutschen Vaterlandspartei. Während die Regierung aus der Hauptstadt fliehen mußte, erklärte sich Kapp zum „Reichskanzler". Der Parteivorstand der SPD und die Gewerkschaften riefen daraufhin zum Generalstreik auf. Der Putsch erwies sich schnell als dilettantisches Abenteuer, und Kapp und Lüttwitz flohen am 17. März ins Ausland.
Zum Scheitern des Kapp-Putsches schrieb Ernst Troeltsch am 23. 3.1920:
Woran ist der Prätorianer-Putsch gescheitert? Erstlich daran, daß das Reich und die größten Teile der Reichswehr nicht mitmachten; nur die „Junkerprovinzen" machten mit... Somit blieb der Putsch also auf Berlin beschränkt, und Berlin wurde vom Verkehr abgesperrt. Der zweite Grund ist, daß die Beamtenschaft bei ihrem Eide blieb und die Unterstaatssekretäre des Reichs s und Preußens... sich weigerten, Befehle von einer gesetzwidrigen Stelle anzunehmen...
Drittens wurde von der alten Regierung unter Unterstützung aller Koalitionsparteien der Generalstreik erklärt, der Berlin bis auf weiteres zur Hölle, aber jede Regierung zugleich unmöglich machte...
Das deutsche Volk will die Reaktion nicht und hat die Feuerprobe bestanden. Vielleicht mußte das einmal sein, und hoffentlich ist es das letzte Mal. Aber um welchen Preis?
Ernst Troeltsch, in: Spektator-Briefe, 1924, S. 122ff.
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