Der Auszug aus dem Zunftbrief der Lohgerber vom 28. November 1496 legte nicht nur die Regeln des Handwerks fest, sondern auch die weitgehenden Rechte von Meister-Witwen.
Auszug aus dem Zunftbrief der Lohgerber vom 28. November 1496
Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden Landgraf zu Hessen, [...] bekennen für uns und unsere Erben öffentlich mit diesem Brief [...], daß wir der getreuen Dienste wegen, die uns die getreuen Meister des Lohgerberhandwerks zu Marburg geleistet haben und künftig leisten sollen und mögen, diesen Meistern des Lohgerberhandwerks eine Zunft oder Bruderschaft, die sie untereinander früher besessen, wieder gegeben haben [...]:
1. Zum ersten. Wer in ihre Bruderschaft und Zunft eintreten, darinne sich befinden und mit den Mitgliedern arbeiten möchte, der soll ehelich geboren, selbst fromm und ein eingesessener Bürger zu Marburg sein oder zur Stund Bürger von Marburg werden. Er muß sein Handwerk sicher beherrschen und den Mitgliedern zu ihrer Bruderschaft und Zunft sechs Mark Heller Marburger Währung geben, die zur Hälfte uns und zur anderen Hälfte der Bruderschaft zufällt; außerdem müssen sie ihrer Zunft zwei Viertel Wein, vier Pfund Wachs für Kerzen für den Gottesdienst und für die Armen geben. [...]
2. Er soll auch keinem Marburger Leder für Sohlen schneiden, oder an Stücken und es verkaufen, es sei denn an jemanden innerhalb der Zunft oder Bruderschaft, der sich an alle Vorschriften hält. Wer es aber doch täte, der soll eine Buße zahlen, acht Schilling Pfennige Marburger Währung, zur Hälfte an uns, die andere an die Bruderschaft.
3./4. Wollen Fremde gegerbte Felle bei den Lohgerbern kaufen, muß ihnen der Meister pro 10 Stück mehr berechnen und dem Landgarfen eine Steuer zahlen.
[...]
7. Es soll auch kein Lohgerber geraubtes oder gestohlenes Gut wissentlich kaufen. Wer es doch tut, soll mit einem Pfund Gelds bestraft werden. Kauft aber jemand im guten Glauben ein solches Fell, soll er die Haut zurückgeben und das Geld zurückerhalten.
[...]
9. Wenn der Sohn eines Meisters die Tochter eines anderen Meisters desselben Handwerks heiratet und das Lohgerberhandwerk betreiben will, der soll ohne Zahlung in die Zunft aufgenommen werden. Wähle aber einer eine Meistertochter, der noch nicht Mitglied der Zunft ist, aber eintreten möchte, der soll den halben Preis zahlen, die andere Häfte erhält er durch seine Frau. Wenn aber ein Frau nicht wieder heiratet und das Gewerbe trotzdem betreiben und ausüben will, so mag sie das ihre Leben lang tun und mit tugendsamen Knechten und Personen arbeiten. [...]
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