Die Rechte, die die Stadt Marburg im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts erlangen konnte, dienten als Vorbild für andere Städte in Hessen. Die Stadtrechte aus dem Jahre 1311 und 1428 sind nur in ihrem Inhalt (als Regest) wiedergegeben.
Regest des Stadtrechts des Bischofs Ludwig von Münster
vom 17. Oktober 1311:
Landgraf Ludwig, Bischof von Münster, befreit die Stadt Marpurg und die von Weidenhausen, Bulkenstein, Neuwenstat und was zur Pfarre gehört zu Marpurg von aller Schatzung gegen Erlegung von 300 Mk. Köln. Pfg. jährlich, 3 Heller für den Pfennig, (davon sollen 50 Mk. die Herren von St Stephan in Mainz und 50 Mk. seine Schwester Agnes von Nürnberg erhalten); trifft aber die Stadt Brand oder anderes Unglück, so sollen allein die 50 Mk. nach Mainz gehen.
Deshalb sollen die Schöffen von Marpurg jährlich 6 Ratsleute erwählen, 4 von Weidenhausen und 2 von Neustadt, welche die Umlage ausschreiben und verteilen sollen, wer gegen ihren Spruch sich auflehnt, soll mit 1 Jahre Verbannung und 10 Pfd. Marpurger Pfennig Buße an den Landgrafen bestraft werden.
Ferner sollen die Gewandmacher kein Tuch verschneiden, und die Gewandschneider kein Tuch anfertigen, auch sollen sie ihr Kaufhaus und Bruderschaft in der Stadt zu Marpurg halten, wie sie es von alters her gehalten haben und wie es rechtens ist.
Regest der neuen Stadtverfassung des Landgrafen Ludwig I. für Marburg vom 24. November 1428
Landgraf Ludwig I. bestimmt, daß die Zünfte und die Gemeinde der Stadt Marpurg 4 Männer wählen sollen, welche gemeinsam mit den 12 Schöffen alle Geldangelegenheiten der Stadt Marpurg beraten sollen, von denen jährlich 2 - 3 neu gewählt werden müssen. Auch sollen unter den Schöffen nicht mehrere aus einem und demselben Geschlechte sein; der Rat soll nach und nach aussterben und an seiner Stelle die 12 Schöffen und die genannten Vier treten.
Können diese eine Sache nicht erledigen, so sollen die Vier es an die Zünfte bringen oder weiter an den Landgrafen und seine Amtleute. Jeder soll Schoß zahlen nach seinem Eide und binnen 3 mal 14 Tagen erlegen; die Schöffen wählen einen Bürgermeister, die Vier einen Unterbürgermeister aus ihrer Mitte. Die Schöffen und Vier wählen einen und die Gemeinde einen zu Baumeistern, desgleichen je einen, welcher die Ratkäufe, Brot, Wein, Fleisch etc. besieht.
Bürgermeister und Unterbürgermeister richten die Botschaften aus und bezahlen sie; wegen der jährlichen Rechnungsablegung sollen Bürgermeister, Schöffen, Rat und die Vier die "freunde" des Landgrafen erbitten, die Rechnung zu hören; jeden Frevel in der Stadt und im Schlosse sollen Rat und Gemeinde mit den landgräflichen Amtleuten unterdrücken helfen. Der Landgraf behält sich das Recht vor, diese Artikel jeder Zeit zu ändern.
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