Eine der dringlichsten Aufgaben für die im Zuge der Novemberrevolution entstandenen Räte war die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Bereits am 12. November 1918 hatte daher der Rat der Volksbeauftragten dazu aufgerufen, Bauernräte als Vertretungsorgane der ländlichen Bevölkerung zu gründen, die die Ernährung sichern sollten. Zwei Wochen später machte das Reichsernährungsamt unter Federführung von Staatssekretär und USPD-Mitglied Emanuel Wurm (1857-1920) sogar Richtlinien zur obligatorischen Bildung von, wie es nun hieß, „Bauern- und Landarbeiterräten“ in Gemeinden und Kreisen bekannt. Da die Gründung der ländlichen Räte in den Folgewochen nur schleppend voranging, wurden die preußischen Regierungspräsidenten Mitte Januar 1919 durch den Staatskommissar für Volksernährung aufgefordert, dort, wo noch nicht geschehen, deren Aufstellung zu veranlassen. In der Folgezeit entstanden in den Landgemeinden und Kreisen tatsächlich mehr und mehr Bauern- und Landarbeiterräte. Im Gegensatz zu den Arbeiter- und Soldatenräten, die spontane revolutionäre Gründungen „von unten“ waren, bildeten sich die Bauern- und Landarbeiterräte allerdings aufgrund einer behördlichen Anordnung „von oben“. Vielfach fanden sich in ihnen die konservativen Führer der landwirtschaftlichen Verbände der Kaiserzeit wieder, denen der Sinn nicht nach Revolution und insbesondere nicht nach einer Verstaatlichung ihres Eigentums stand. So trennte die städtischen Arbeiter- und Soldatenräte und die ländlichen Räte in der Regel ideologisch wie programmatisch eine tiefe Kluft. Revolutionäre Umwälzungen auf dem Land blieben 1918/1919 vor diesem Hintergrund nahezu vollständig aus.
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