François Hotman (Straßburg) an Landgraf Philipp von Hessen, 7. Juni 1562 Strassburg
Arthur Heidenhain, Die Unionspolitik Landgraf Philipps von Hessen 1557-1562, Halle 1890, Beilagen LXI 1562, S. 99-103
[Übersetzung]
Durchlauchtiger hochgeborner ferst, gnedigster her, es haben mich der Prinz von Conde, der admiral und ander fursten des orlienssischen kriegsfolks abgefertigt, und bin gestern abent anhero gein Straspurgk kommen. Als ich zu Orlienz abgezogen, welchs der 29 Maii war, seindt die sachen in dissem stande gewesen.
Es wolte der Prinz von Conde den 7. Juni nach mittage von Orlienz abziehen und seinen lager verrucken, nicht derhalben, das er albereits zum kriege gnugsam gefast sey, sondern das er menniglichen zu gefallen were, dan jederman ruffit und begert, das er sein kriegsfolk nur eine meile wegs hinaus fure, alsdan werde jedermenniglich zulaufen.
Er hat uff disse zeit bey sich zum wenigsten funfzehen thaussent zu fuess und funf thaussent pferde; mit geschuz und anderm darzu gehorig ist er nichts gefast. Es seindt aber die evangelischen (soviel man aus menschlicher vernunft abrechnen kan, und mit verleihung Gottes) den Gwisianischen an der zaal des kriegsfolks, an dapferkeit, an gelt, auch an begirde zuschlagen weit uberlegen, dan es haben die Gwisianischen beynahe nichts von kriegsfolk als parisische sacktreger, trösser, koche, hudeler und ander lose gesinde, welche zu ehister irer gelegenheit nichts anders im sinne haben oder begeren, dan die stadt Pareis zuplündern; darnach werden viel von hoff sich zu uns begeben, deren namen ich in dissem meinem schreiben nicht nambhaftig machen wil; were ich aber bei euern fn. gn., wolte ich iro alle geheime dinge sagen.
Weiter hat die konigin heimblich zu unsern fursten ein Botschaft geschickt, und durch die barmherzigkeit Gottes gebetten, das ir balt hilf geschee, dan unsere feinde hetten sie stranguliren wollen, sie geheissen eine llorentinor und gedrauet sie zuerwurgen.
Es haben der herzog von Gwise, der Connestable und der marschalk von Sanct Anndre uff begeren des Bapsts und des konigs zu Hispanien, auch zuderselbigen gefallen ein offentliche declaration des catholischen glaubens zuthun, dem konig und der konigin den vierten tag Maii ein supplication ubergeben, das alle fursten, stende, und andere des konigs underthanen sich der confession von den Sorbonisten aus den artickeln der catholischen apostolischen und romischen kirchen gemacht und gezogen underschrieben, und welche solchs weigerten solten des konigreichs verwiessen werden. Sollicher supplication, auch des Prinzen von Conde darauf gethaner antwort, im druck verfertigt, bin ich teglich gewertigk, und hat mir der Prinz von Conde bevohlen, euern f. gn. sollichs zuzeschicken, damit euer f. g. sehen muge, was Bestalt mit denen fridde gemacht werden konne, welche in ganz Franckreich nicht einen einigen orth ledig gelassen, da die wahre religion frey gepredigt werden mochte.
Es hat der Bapst den Gwisianischen allen monat funfzig thaussent chronnen zu bezalen zugesagt, hat auch albereits die erste bezalung erlegt. Die Schweizer, so papistisch seindt, haben den 22. Maii uff dem gehaltenen tage zu Solenthurn dem feinde sechs thaussent zu fuess zuschicken bewilligt, und ist Frolich desselbigen kriegsvolks obrister. Aus Hispania werden auch sechs thaussent zu fuess und etzliche reuter geschickt, welchs dem admiral von hoff zwen tage zuvor, ehir ich zu Orlienz abgezogen bin, kuntbar gemacht wardt, haben auch des andern tags, das sollichs also war sey, aus einem aufgefangenen schreiben verstanden, darin dem herrn von Burien,'» gubertorn in Aquitania, bevolen wardt, denselbigen kriegsvolk entgegen zuziehen. Als sollichs Monluccius, der furnembst kriegsmann under den Papisten, erfaren, ist er mit etzlichem kriegsfolk nahe an Tholosam geruckt. Da seindt die evangelischen burger zum rathaus gelaufen, und das geschutz zu sich genommen; so haben die papistischen die pforte und thore eingenommen. Es ist aber durch etzlicher leute underhandlung widderumb fridde gemacht worden, und als der fridde gemacht, und die waffen hingelegt, haben die Papisten der alten regel nach, das den ketzern kein glaube gehalten werden solle, die unsern unverwarnt und ungerustet uberfallen. Es ist Monluccius widderumb ab und zuruck gefordert worden, welcher in einem tage ein thaussent sechs hundert und funfzig personen erwurgt und auch wol soviel gefenglich eingezogen hat. Als sollichs die unsern erfaren, seindt sie ganz betruebt worden, und ist der von Andelot in das drittagige feber gefallen.
Es haben die Sorbonisten mit dem Parlament zu Pareis einen fridden gemacht und sich miteinander vergliechen des artikels halber, das der nicht vor ein konig zuhalten sey, welcher von der romisehen kirchen abfelt, sonderlich weil der konig zu Franekreich genant werde der allerchristlichste konig, und ein erstgeborner sohnder romischen kirchen; ob welcher der Sorbonisten vergleichung und schliessung die papisten durch ganz Franekreich ein grosse zuversicht geschepft haben, also das zu Angiers die unsern, als sie ire wehre hingelegt, und fridde gemacht, von den Papisten unversehenlich uberfallen und erwurgt worden seindt. Die vornembsten unter den Papisten riefen, es lebe unser konig der von Gwise. Sie schemeten sich auch nicht, uff iren helmlein seidene feltzeichen von geler und roter farbe zufuhren, welche zwo farben deren von Gwise und Lot-ringen farbe seindt. Die von Pareis sagen offentlich, man solle die konigin in Italiam schicken, und das sie keinen konig haben wollen, er sey denn catholisch; es sey inen aber zu einem konige gegeben von Gott der grosse konig von Gwisse.
Ich kann nicht umbgehen euer f. gn. zuberichten, das euere furstliche gnaden die dinge von der konigin, darvon ich hiroben meldung gethan, welche in grosser gefar gewesen, das sie nicht von den Gwisianischen strangulirt wurde, in des Prinzen von Conde antwort, wilche er neulich zu drucken bevolen hat, lesen werden, uff das euere f. g. hiran keinen zweifel tragen; es wirdet auch mir in den credenzbrieven, so ich in kurzem euer fn. g". zuschicken wil, von sollichem under anderm euer f. g. zuberichten bevolen; ich bezeuge mich vor Got welcher mich alspalt wan ich liege undergehen lasse, das ich selbst vom bischoff von Valenz, als er gein Orlienz geschickt war, gehort habe, das er disse worte sagte: es hat mir die konigin gesagt, sie haben mich stranguliren wollen, und drauen mir zum ersten die gorgel abzustechen; also bringt die konigin tag und nacht hin in schreien und weinen und hat nechst Got alle ire hoffnung uf den Prinzen von Conde und den admiral gesetzt.
Vom konig zu Navarra darf ich nichts schreiben, dan man hofft, er solle palt die tyrannen verlassen; mitler zeit wollen wir inen nicht angreifen oder verzurnen; so hat man auch ein hoffnung zum Connestable.
Die konigin von Navarra, die betruebste under allen weibern, ligt zu Vendome verborgen, kommet zu niemants, ist tag und nacht in bekummernus und bringt die zeit hin mit klagen und weinen. Sie fragte mich vielmals, was ich vor ein hoffnung zu den deutschen fursten hette, ob sie nicht versuchen wurden, diss konigreich Franck-reich von einer solchen tyrannei zuerlosen.
Nachdem sich nun die dinge also erhalten wie obgemelt, als haben die stende zu Orlienz vor gut angesehen, von euer f. g. hilf zu begeren; dan wiewol sie ein mehrers, besser und getreuer kriegsfolk haben, als unsere feinde, jedoch weil sie bedenken, das der capitain Frolich sechs thaussent Schweizer, der von Buren sechs thaussent Spanier, der von Rogendorff drey thaussent deutscher pferde, und der Reingrave zwolf fenlein knecht dem feinde zufuren, und das der Babst und die bischoffe mit gelt hilf thun, so haben sie beschlossen, auch frembter fursten hilf zu begeren; derwegen sie auch den freyhern von Dhon zu euer f. gen. abgefertigt, welcher aber umb der unsicherheit willen nicht mehr als ein schreiben an den Pfalzgraven Churfursten mit sich gehabt; die andere schreiben, welcher an der zaal sechs und zwanzig waren, seindt uff der post gein Leon geschickt worden, uff das sie dadannen durch die schweizerische post weiter geschickt wurden; es ist aber der bot nach dem willen Gottes, welcher alles regiert, niddergelegen, welchs uns nicht wenig bekummert gemacht; dan es hielten viel brieve an die Schweizer, des-gleichen an die deutschen fursten; derwegen ist bedacht worden, die briefe in andere wege zurecht zuschicken. Also ist ein junger Deut-scher vom Adel, Chunradt von Schombergk, uff der post abgefertigt worden mit einem credenzbrief an Pfalzgraven Churforsten; die andern brieve haben sollen kommen durch Burgundt und einstheils durch Schampanien und Lotringen. Der Bot so durch Burgundt reiten sollen ist noch nicht ankommen; so hab ich auch allhie von dem Schonbergk nichts geliert, ich hoffe aber, er sey zu Heidelbergk gewesen. Dein aber sey wie ime wolle, so hab ich diesses in bevehlich:
Es begeren die stende zu Orlienz, das euer f. g. durch die barmherzigkeit Gottes inen zu ehister zeit wolle etzliche reuter zu hilf schicken, und dieselbigen etzliche monath besolden, dergestalt, das euern f. g. alles gelt, so hirzu ausgewendet, getreulich widder gegeben werde, darfur sie die stende euern f. g. alle ire gutter, beweglich und unbeweglich, verpfenden; die stende begeren sollichs so heftig und empsig, das sie auch mehr nicht thun konnten; sie verstehen sich auch, es werde der allerchristlichste konig und seine trau mutier die konigin euern f. g. darfur sich dankbarlich erzeigen; wurden aber sie die stende von dessen von Rogendorffs und des Reingraven deutschen kriegsvolk underdruckt, und inen von den evangelischen fursten kein hilf gescheen, so wollen sie protestiren, das sie in irer gerechten und pillichen sachen zu erhaltung der religion, des konigs und des vatterlandts hilflos gelassen worden seien; soviel mich belangt habe ich sie alwege getrostet und gesagt, sie solten in gutter hoffnung sein, es wurde e. f. g. inen hilf schicken; dergleichen habe ich auch dem Pfalzgraven und dem herzogen von Wirtenbergk geschrieben.
Ich bitte den almechtigen Got, das er euere f. g. zur errettung und beschirmung der kirchen in Franckreich, des konigs und der frommen konigin erwecken wolle, und so euer f. g. hilfe thun wollen, muss sollichs furderlich gescheen, es sey dann das ir wollet, das euch balt zuerkennen gegeben werde, das die stende schaden erlitten; und des Unglücks einsteils in Deutschlauch (da es Got nicht verhütet), kommen werde.
Damit Got bevolen, zu Strasspurgk den 7. Junii Anno 1562.
Ich bin vorn schreiben mude, dann ich habe auch gleicher gestalt dem Pfalzgraven und dem herzogen von Wirtenbergk geschrieben, bitte derwegen undertheniglich, e. f. g. wolle von dissen dingen die fursten zu Sachssen berichten, das sie mich entschuldigt nemen; sie haben Petrum Clarum abgefertigt, sie wissen aber nicht, das derselbige von ganzem herzen gut Gwsianisch ist; so wirdet ime auch der Prinz von Conde nicht glauben; begere das sollichs Ire f. g. erfaren mugen.
E. F. G.
gehorsamer diener
Hotomannus D.
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