Hessen Loewe
Ein Projekt der Arbeitsstelle Archivpädagogik am Staatsarchiv Marburg, gefördert vom Hessischen Kultusministerium.
» Start » Projekt » FAQs » Galerie » Impressum » Datenschutz
  • DigAM Ausstellungsübersicht
  • Zeitleiste
Aktuelles
» Erweiterte Suche
unesco_img
  • Allgemeine
    Geschichte
  • Mittelalter
  • Frühe Neuzeit
  • Revolution
    Restauration
  • Kaiserreich
    1.Weltkrieg
  • Weimar
    und NS
  • Zeit
    nach 1945
  • Werkstatt-
    Ausstellungen
  • Lernumgebung 
Ausstellungsuebersicht

Privilegien, Pogrome, Emanzipation: Deutsch-jüdische Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart
 «  13 Deutsch-jüdische Geschichte zwischen Restauration, Revolution und Reichsgründung 1815-1869/71  » 

vorheriges Dokument
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
» Titel zu allen Dokumenten anzeigen
» Einführung zu Ausstellungsraum Nr.13
loading ...
naechstes Dokument
Dokument 11
Rede des Paulskirchen-Abgeordneten Moritz Mohl, der die Aufrechterhaltung rechticher Einschränkungen der Juden fordert, 28. August 1848.
Urheber
Moritz Mohl
Datum
28.08.1848
Bestand/Sign.
Riesser/Mohl, Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituierenden Nationalversammlung, hrsg. von Franz Wigard, Bd. 3, Frankfurt 1848, S. 1754 – 1757; zitiert nach: http://www.gabrielriesser.de/frameset_intro_02.html

Das folgende Dokument ist ein Auszug aus einer Rede des Paulskirchen-Abgeordneten Moritz Mohl. Während der Revolution wurde im liberalen Bürgertum die Forderung laut, die rechtliche Gleichstellung der Konfessionen, und damit der Juden, zum einem Grundsatz der der Verfassung zu machen. In der Nationalversammlung wurde diese Frage diskutiert. Der Entwurf des § 16 des Grundrechtekatalogs sah vor, den „Genuß der staatsbürgerlichen und bürgerlichen Rechte“ nicht durch „das religiöse Bekenntniß“ zu beschränken. Dass es mit Blick auf die Juden innerhalb der liberalen Abgeordneten auch Vorbehalte gegen eine solche weit reichende Gleichstellung der Konfessionen gab, dokumentiert der hier ausgewählte Redebeitrag Moritz Mohls. Mohl wurde 1802 geboren, studierte Staatswirtschaft in Tübingen und war ab 1841 Obersteuerrat in Stuttgart. 1848 wurde er im schwäbischen Wahlbezirk Heidenheim-Aalen in die Paulskirche gewählt, wo er der gemäßigten Linken angehörte.

"Meine Herren! Es ist mir gemütlich schwer geworden, diesen Antrag zu stellen; ich aber halte ihn für eine heilige Pflicht gegen das deutsche Volk. Es gibt gewiss kein größerer Unglück – wir Alle werden es mit größter Teilnahme fühlen – es gibt gewiss kein schmerzlicheres Unglück, als sein Vaterland verloren zu haben. Dieses Unglück ist das der über die ganze Welt zerstreuten Israeliten (Eine Stimme aus dem rechten Zentrum: Nein!) Erlauben Sie mir, die Israeliten gehören vermöge ihrer Abstammung, das wird Niemand ableugnen, dem deutschen Volk nicht an. Und sie können demnach ganz und vollkommen niemals angehören. (Oh!) Nicht ihre Religion ist es, die sie daran verhindert, sondern die Unmöglichkeit der Familienvermischung ist es, und diese Unmöglichkeit hat allerdings einen religiösen und einen kirchlichen Grund. (…)
Ich will damit keineswegs sagen, dass die Gemeinsamkeit der Sprache, dass die Gemeinschaft des Landes nicht die Israeliten bis zu einem gewissen Grade zu Deutschen macht; aber vollständig können und werden die Israeliten zu einem deutschen Stamme wegen dieser historisch gegebenen Verhältnisse und allerdings auch der religiös-gegebenen niemals werden.
Wenn es sich nur von den politischen Rechten handelte. So wäre die Frage viel einfacher. Gewiss niemandem wird es einfallen, das aktive und passive Wahlrecht der Israeliten beanstanden zu wollen. Wir werden uns im Gegenteil nur freuen, wenn Israeliten, - wie dies ja häufig der Fall ist, – so sehr das Vertrauen des deutschen Volkes geniessen, daß sie das deutsche Volk zu seinen Vertretern wählt. (...)
Wenn wir heute alle Schacher- und Sack-Juden, alle israelitischen Viehversteller, alle mit wucherlicher Aussaugung der armen Bauern beschäftigten Juden für vollberechtigte Staatsbürger erklären, so wird jene nachteilige Einwirkung auf das deutsche Volk damit keineswegs verwischt, vielmehr gewinnen dieselben dann nur ein freieres Feld, um ihre nachteilige Einwirkung auf das deutsche Volk recht ungehindert und vollkommen betreiben zu können. Wir wollen human sein gegen die Israeliten, unsere erste Pflicht ist gegen das deutsche Volk.
Ebenso schädlich wirken die unteren Klassen des jüdischen Volkes im Detailhandel. Die einzelnen Gesetzgebungen haben zum Teil sehr zweckmässige Gesetze erlassen, so wirken namentlich die in meinem besondern Vaterlande diesfalls erlassenen Gesetze sehr wohltätig, welche dahin gehen, die Israeliten vom Schacherhandel und vom Wucher abzulenken, und ihn zu einem ordentlichen, ehrlichen Gewerbe und zur Landwirtschaft anzuhalten. (...)
Aber der Hauptgrund der von mir erörterten Übelstände liegt gleichwohl in ganz anderen Verhältnissen: er liegt darin, dass der israelitische Volksstamm sich mit dem deutschen Volke nicht verschmilzt, sich mit demselben nicht identifiziert und nicht identifizieren kann, vermöge seiner religiösen Verhältnisse (...)
Das ganze Leben, die ganze Richtung und Beschäftigung der Israeliten in den unteren Volksschichten ist eine volksverderbliche (...). Den alten Juden in den unteren Volksschichten machen sie nicht anders, und je mehr man ihn von allen Fesseln befreit, um so leichter wird er es haben, das Volk auszubeuten.“


Aus: Riesser/Mohl, Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituierenden Nationalversammlung, hrsg. von Franz Wigard, Bd. 3, Frankfurt 1848, S. 1754 – 1757; zitiert nach: http://www.gabrielriesser.de/frameset_intro_02.html


Arbeitsaufträge:

1. Warum können die Juden nach Mohl nicht dem deutschen Volk angehören? Als was begreift Mohl die Juden folglich?

2. Welche Argumente sprechen gemäß Mohl gegen die volle Gleichstellung mit der übrigen Bevölkerung?

3. Inwiefern in Mohls Argumentation von Vorurteilen geprägt?




Bearbeiter: sh — URL dieses Dokuments: http://www.digam.net/index.php?doc=9343 — URL dieser Ausstellung: http://www.digam.net/index.php?exp=247
© 2025 DigAM - digitales archiv marburg / Hessisches Staatsarchiv Marburg, Veröffentlichung nur mit Genehmigung
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.