Dokument 15: SCHEUBRIEF DES RITTERS WERNER VON HANSTEIN AN DEN GRAFEN ERWIN VON GLEICHEN, HERRN ZU BLANKENSTEIN
Papier, koloriert, 1468 März 14.
Bestand 2: Auswärtige Beziehungen Grafen von Gleichen.
Lit.: Scheltbriefe und Schandbilder. Ein Rechtsbehelf aus dem 15. und 16. Jahrhundert, gesammelt und erläutert von Otto Hupp (1930), S. 20f.
SCHELTBRIEF DES GRAFEN ERWIN VON GLEICHEN, HERRN ZU BLANKENSTEIN, GEGEN DEN RITTER WERNER VON HANSTEIN | |
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| Papier, koloriert, 1468 März 14. |
Schelt- und Schmähbriefe dienten im späten Mittelalter als „Rechtsbehelf „. Wenn ein Beschuldigter sich seinem Richter entzog oder ein gesprochenes Urteil gegen ihn nicht durchgesetzt werden konnte, war die öffentliche Verunglimpfung des Gegners für den Geschädigten mitunter ein letzter, im Grunde schon ohnmächtiger Versuch, zu „seinem Recht“ zu kommen. Einen solchen Schmähbrief richtete Erwin Graf von Gleichen am 14.März 1468 an den Ritter Werner von Hanstein.
Erwin V. war der Sohn des Grafen Ernst, der 1432 die Stadt Remda im Nordwesten Rudolstadts von den Grafen von Schwarzburg gekauft hatte und hier lebte. Werner von Hanstein gehörte dem alten Geschlecht des Eichsfeldes an, dessen Stammsitz die Burg Hanstein bei Witzenhausen war. Der Streit ging um nicht bezahlte Schulden.
Was jener Graf nun an Schmähungen zu bieten hatte, spricht auf dem gezeigten Stück zunächst durch die bildhafte Darstellung weitgehend für sich selbst: Ein rittlings auf einem Esel sitzender Reiter, in welchem der Autor seinen Kontrahenten sieht, drückt sein Siegel – wie das Spruchband erläutert – „disser mern vor ire spaldin“, mehr also ist das Siegel des Geschmähten nicht wert! Darüber hinaus fällt die Derbheit des verwendeten Vokabulars ins Auge. Sie wendet sich nicht nur gegen den Hansteiner selbst (rotbertigk rodritter, schalgk vnd beßewicht) und seine Missetaten (gelogen, truwebruchigk), sondern verunglimpft in zeitlos übler Manier auch dessen Mutter (daz dich eyn hure uß der meter gasse zcu Erffurt vorwechseld habe in der wigin). Derartige sprachliche Rohheiten, die selbstverständlich zunächst dem Zorns des Autors anzurechnen sind, waren für die Sprache der Zeit allerdings keineswegs ungewöhnlich.
W.M.
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